Kommentar von Dennis Riehle
Mit den ausklingenden Weihnachtsfeiertagen endet auch die besinnliche Zeit – und damit die inoffizielle Pause hinsichtlich des Wahlkampfes. Wenngleich man allzu viel Rivalität zwischen den etablierten Parteien schon allein deshalb nicht erwarten kann, weil sie sich in einem für die Demokratie äußerst eigentümlichen Abkommen auf Fairness untereinander, aber Ausgrenzung gegenüber Andersdenken, verständigt haben, wird es vor allem von großem Interesse sein, ob gerade die CDU ihren rückläufigen Zuspruch wieder umkehren dürfte. Nicht nur der Wankelmut von Friedrich Merz wird zu einem zunehmenden Ballast für die Union. Auf der einen Seite gibt er sich kriegslüstern, um andererseits zu widersprechen, Putin ein Ultimatum gestellt zu haben. Gestern noch war er in einer ideologischen Liaison mit Ricarda Lang, heute ringt er mit der Wirtschaftspolitik von Robert Habeck. Trotzdem stehen die Zeichen nach dem 23. Februar auf Schwarz-Grün. Denn die Verbundenheit zwischen den Ökologisch-Abbaubaren und Bürgerlich-Mittigen wird sich auch nicht durch einen angriffslustigen Markus Söder irritieren lassen, der eine Kiwi-Koalition konsequent ausschließt.
Wenngleich Alice Weidel in den Umfragen massiv an Unterstützung gewinnt, was vor allem ihre persönliche Beliebtheit als Kanzlerkandidatin betrifft, so mag es bei diesem Urnengang noch nicht zu einem Ergebnis für die AfD reichen, das sie in die Position versetzt, niemanden mehr an sich vorbei zu lassen. Dennoch wird sie eine ganz erhebliche Rolle im nächsten Parlament spielen, weil sie nicht zuletzt nach dem Terroranschlag von Magdeburg als einzig nennenswerte Kraft im Auffangen der Stimmung begriffen war, die unter den Menschen zunehmend von Frustration, Wut und Verärgerung getragen ist, weil Tod und Verwundung vermeidbar gewesen sind. Statt hilflos vor einer Instrumentalisierung des Ereignisses zugunsten drastischer Forderungen nach Remigration und Asylwende zu warnen, ist es der Spitzenfrau der Alternative für Deutschland mit empathischen Worten gelungen, die Trauer kurz vor dem Christfest zu artikulieren. Sie vermochte es, gerade nicht den Eindruck zu erwecken, man verstecke sich unter dem Deckmantel der Pietät vor stringenten Rückschlüssen auf den bisher so naiven Umgang mit der weiteren Flutung unseres Kontinents durch Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive.
Es muss Schluss sein mit der Merkel’schen Manier, die Bringschuld beim Gastgeber sieht, aber nicht bei denen, die illegal die Grenzen passieren, um hier großzügig auf Kost und Logis des Steuerzahlers ein sozial besseres Leben aufbauen zu können. Entscheidend für den Ausgang der Abstimmung in rund acht Wochen dürfte die Ehrlichkeit sein, den gescheiterten Multikulturalismus einzugestehen – und die Märchenerzählung über eine Einwanderungsdestination namens Bundesrepublik zu Grabe zu tragen. All das mag nach der Ankunft Jesu auf dieser Welt kaltherzig klingen. Doch wir brauchen nicht noch einmal einen ähnlich infantilen Schlagabtausch über Mettbrötchen und Gehacktes wie in Thüringen. Dafür ist die Lage eigentlich zu ernst. Aber weil die Erwartungen nun einmal gering sind, möge sich das Streiten um die vernünftigsten und pragmatischsten Lösungsansätze für die Probleme der Gegenwart wenigstens mit einigen Zwiebelringen als schärfendem Beigeschmack dekorieren, wenn wir nun auf einen Jahreswechsel zusteuern, den man auch als Wegscheide über die Zukunft einer ganzen Gesellschaft bezeichnen kann.