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Vor Ort bröckelt die Brandmauer: Wenn Vernunft die Ideologie überwindet, hat die Demokratie gesiegt!

Kommentar von Dennis Riehle

Dass es viel Zeit braucht, errichtete Mauern wieder abzureißen, das wissen wir als Deutsche bestens. Denn oftmals sind es nicht die tatsächlichen Barrieren in der Wirklichkeit, sondern vor allem jene in den Köpfen, die nicht einfach deshalb verschwinden, weil man aus einem eingefahrenen System entfliehen konnte. Und so sind es in diesen Tagen lediglich die ersten Anzeichen dafür, dass der Pragmatismus die Ideologie überwindet, wenn in der Peripherie Kommunalpolitiker und Volksvertretungen vor Ort die mühselig gezogene Grenzlinien zur Alternative für Deutschland sukzessive aufzuweichen. Da fühlt man sich nicht mehr an den erhobenen Zeigefinger aus dem politischen Berlin erinnert, von wo aus man in moralisierender Weise jegliche Zusammenarbeit mit den Blauen als einen Pakt mit dem Teufel untersagt hat. Scheinbar gibt es also bei einer wachsenden Zahl von Menschen doch noch ein Gewissen, welches sie auf manch eine unmissverständliche Ansage des Souveräns hinweist. So wünscht sich der einfache Bürger in Thüringen offensichtlich eine Schlüsselposition für die AfD, wenn in aktuellen Umfragen Björn Höcke meilenweit vor der „doof, richtig doof“-Video-Partei CDU liegt. Diesem Anliegen einer Normalisierung der Verhältnisse ist man nun auch im Landkreis Schmalkalden-Meiningen nachgekommen – und hat mit der Mehrheit der Stimmen im Kreistag Volker Rosenhahn zum Vize-Landrat gewählt. Was im Bundestag bislang regelmäßig gescheitert ist, verwirklicht sich nun im Kleinen. Und genau dort beginnen die Rebellionen der Gesellschaft, die sich nicht länger vom Kartell diktieren lassen will, was richtig und falsch, was gut und böse, was extremistisch und rational ist.

Repression, Gängelung und Tyrannei können für eine Zeit lang den Widerstand der kritischen Opposition zum Schweigen bringen. Doch gerade, weil wir entsprechend gezeichnet sind von der Vergangenheit, reagieren nicht nur die Bürger im Osten überaus sensibel im Falle des Versuchs, neuerlich totalitäre Bedingungen zu schaffen. Und so sind die Antworten in den Umfragen nicht verwunderlich, sondern ein für die Demokratie überaus gesundes Zeichen der Schwingungsfähigkeit. Weil es eben nicht mehr der Klimawandel ist, der vielen von uns die größten Sorgen mit Blick auf die Zukunft macht, sondern der drohende Verlust von Kultur und Identität, scheint bei jenen Alteingesessenen ein gewisser Skrupel einzusetzen, die nicht einfach über Millionen Wähler hinwegzugehen vermögen – oder sie gar zu diffamieren, denunzieren und zum Freiwild zu erklären bereit sind. In der Corona-Pandemie mutierte der Staat bereits das erste Mal im 21. Jahrhundert zum Despoten. Und es brauchte nicht einmal das Eingeständnis von Robert Habeck, dass er uns lediglich als ein Testlabor sieht, in dem die Versuchskaninchen die Folgen einer verkopften Transformation ausbaden müssen. Schon allein die Einebnung des Verfassungsschutzes durch Bundesinnenministerin Faeser war ein untrügliches Merkmal für das Wiedererstarken des Absolutismus. Auch wenn sich Vergleiche und Parallelen in dunkle Kapitel der Geschichte eigentlich verbieten, so trug die Etikettierung von Freunden, Nachbarn, Bekannten und Kollegen als Impfunwillige, aber später auch als Nazis, zu einer unverhohlenen Assoziation mit der Historie bei. Allein aus der Tatsache heraus, dass sich eine wachsende Zahl an Deutschen nicht weiter in ihrem eigenen Land verdrängen und als Hausherr das Zepter durch häufig völlig unberechtigt eingereiste Gäste aus der Hand nehmen lassen will, werden sie als Fremdenfeindliche stigmatisiert. Dabei gehen sie einem gewöhnlichen Instinkt nach, der jeder anderen Nation auf diesem Globus allzu selbstverständlich innewohnt. Schon das Völkerrecht garantiert auch uns Integrität und Unversehrtheit. Gleichzeitig können wir uns in der Kritik an der herrschenden Klasse darauf berufen, dass der von ihr mit Füßen getretene Eid, Schaden von uns abwenden zu wollen, gleich aus mehreren Perspektiven gebrochen wird.

Ob man uns nun in eine militärische Eskalation mit Russland hineinziehen möchte, die sogenannte Erderhitzung als Argumentationsgrundlage für Enteignung, Verzicht und Kasteiung missbraucht, uns Masken und Spritzen aufdrängen will oder die abendländische Prägung durch eine sarazenische Wesenseinheit zu ersetzen willens ist: Es dürfte bei einem Gros der Sympathisanten, Anhänger, Unterstützer, Mitglieder und Funktionäre der AfD schon lange kein Protest mehr sein, den man dem Establishment entgegenhält. Stattdessen ist die Überzeugung immanent, dass es eine radikale Trendumkehr in nahezu allen Herausforderungen bedarf, die uns aktuell ängstigen. Und weil vielleicht ein Gemeinderat noch sehr viel näher am Puls der Zeit und der Alltagsrealität des kleinen Mannes ist, setzt auch dort die Erosion der Kontaktscham gegenüber der Alternative für Deutschland am frühzeitigsten ein. Dass beispielsweise die Christdemokraten programmatisch weitaus mehr Schnittpunkte mit diesem Partner hätten also mit Grünen, Linken oder BSW, das wird selbst derjenige nicht verleugnen können, der für eine Fahrt von München nach Stuttgart im Zweifel einen Umweg über Hamburg in Kauf nimmt, um auf der A8 keinesfalls Alice Weidel zu begegnen. Es ist infantil, trotzig und bockig, aus Verbohrtheit von den vernünftigsten, naheliegendsten und logischsten Optionen keinen Gebrauch zu machen. Und da es von Seiten der Konkurrenten immer öfter an einer inhaltlichen und sachlichen Auseinandersetzung mit den Konzepten, Ideen und Vorschlägen der Blauen fehlt, vernimmt man bergauf und bergab in dieser Republik ein zunehmendes Unbehagen im Umgang mit einer separierten politischen Kraft, an die man in unserem Gefüge schon aus Gründen der Fairness und Gerechtigkeit die Erwartung richten sollte, sich als Verantwortliche unter Beweis zu stellen. Solange diese Möglichkeit durch ein Konsortium der Impertinenten, Willfährigen und Hochmütigen verwehrt bleibt, bricht sich Veränderung nur in kleinen Rissen an der Oberfläche des kanalisierten Terrains bahn. Gleichwohl könnte dieses Geschehen an Dynamik gewinnen, wenn die Erdrutsche bei den folgenden Urnengängen noch dramatischer ausfallen, als dies im Moment prognostiziert wird.