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Von wegen Feindschaft zwischen Ost und West: Politisch blicken die „alten“ Länder neidisch nach Erfurt!

Kommentar von Dennis Riehle

Er gehört zu den Spitzenreitern derjenigen Politiker, die bereits in den Sozialen Medien zum Ausdruck bringen, was sie von Meinungsfreiheit halten. Denn nur wenige andere Prominente blockieren User in einer derartigen Schnelligkeit und Umfänglichkeit wie Bodo Ramelow. Sein Umgang mit Kritik und Widerspruch ist insbesondere auch deshalb bemerkenswert, weil er einer Partei angehört, die sich trotz der dunklen Vergangenheit ihrer Vorgängerinstitutionen heute mehr denn je als Unterstützer und Retter der Grundrechte brüstet. Dies hält den thüringischen Ministerpräsidenten allerdings nicht von seiner Strategie einer Repression, Gängelung und Ausgrenzung von Mitbürgern ab, die es aus seiner Sicht bis heute nicht verstanden haben, dass man die AfD prinzipiell nicht wählt – und im Zweifel ein Kartell mit CDU, SPD, Grünen, FDP und BSW geschlossen werden muss, damit die paranoide Prophezeiung einer Wiederholung des Jahres 1933 durch die „Machtübernahme“ der Blauen keinesfalls eintritt. Da ist er im Zweifel auch dazu bereit, nach Belieben die Verfassung zu ändern – und sich bei Bedarf des Instrumentariums der Schlapphüte zu bedienen, die seit seinem Amtsantritt mehr denn je auf die Jagd nach dem bösen Rechten gehen. Als latenter Anhänger der Massenmigration sieht er sich – wie die von ihm durch mitverursachte Sogeffekte in Scharen herbeigerufenen Schutzsuchenden – in seiner Heimat verfolgt. Bei ihm sind es aber nicht die diktatorischen Despoten auf dem afrikanischen Kontinent oder des Mittleren Ostens, die ihn in die Situation des von der Wirklichkeit ebenfalls bedrängten Habeck. Sondern viel eher all die Nazis – welche eigentlich in den Dekaden nach 1945 rasch ausstarben, aber in den Trugbildern germanophober Pluralisten auch heute noch an nahezu jeder zweiten Ecke auftauchen. Der gebürtige Niedersachse fühlt sich offenbar auch deshalb genötigt, weil ihm ein Schwergewicht der Alternative für Deutschland gegenübersteht. Schließlich hat Björn Höcke in der Zukunft zahlreiche Chancen, mit großem Tempo und weitem Abstand an dem 68-Jährigen vorbeizuziehen.

Denn im Freistaat wollen sich immer weniger Menschen diesem progressiven Weltbild unterwerfen, das das Fundament für eine zügellose Einwanderung darstellt – und zeitgleich für die Etablierung einer Doktrin der Selbstverachtung genutzt wird. Blickt man auf die Erfolge des Linken, fällt die Bilanz einigermaßen dürftig aus. Dies dürfte nicht zuletzt auch damit zusammen hängen, dass er es als Landesvater selbst ist, der seine Region immer wieder schlechtredet – weil die dort verhafteten Einwohner keine Scham gegenüber ihren Wurzeln verspüren. Im Gegensatz zu ihm tragen sie einen ehrwürdigen Nationalstolz in sich, der sich mit dem abschreckenden Beispiel des durchlittenen Totalitarismus paart – in dem die seiner politischen Verankerung wesensverwandte SED nicht nur für einen stringenten Sozialismus sorgte, sondern sich zum Weltmeister von Gängelung, Infiltration und Disziplinierung machte. Genau dieses Szenario will die Mehrheit nicht noch einmal erleben. Und deshalb reagiert sie einigermaßen allergisch auf jegliche Versuche, sie in ihrer mündigen Entscheidung über das Kreuz auf dem Wahlzettel beeinflussen zu wollen. Dass sich Ramelow momentan erneut erdreistet, einen Keil zwischen Ost und West treiben zu wollen, entlarvt ihn als einen Katalysator für Polarisierung und Spaltung. Denn es ist mitnichten so, dass sich von Seiten des Volkes erneut eine Mauer auftut. Stattdessen ist es vor allem das homogene und eingeebnete Konsortium des „Weiter so“, das mit der ständigen Ziehung von neuen Grenzlinien zwischen den ideologischen Überzeugungen eine Entfremdung zu beschleunigen versucht. Allerdings verpasst es dabei die Einsicht, dass zuletzt nicht nur in Sachsen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern erdrutschartige Hinzugewinne für die AfD verzeichnet werden konnten. So ist es beispielsweise das baden-württembergische Pforzheim, das bei der jüngsten Abstimmung über die kommunalen Parlamente die gebrandmarkte Partei auf den ersten Rang rangierte.

Und so kann die Trennung der Bundesrepublik durch einen offenbar recht frustrierten und enttäuschten Ex-Gewerkschafter kaum verfangen, weil nicht unerhebliche Gesellschaftsteile von NRW bis Bayern, von Hessen bis nach Schleswig-Holstein, einigermaßen neidisch auf die neuen Mehrheitsverhältnisse blicken, die die Prognosen für die Urnengänge im Spätsommer und Herbst bei den Menschen „drüben“ vorhersagen. Denn ein Geist des Patriotismus ist mittlerweile in der Fläche wahrnehmbar. Immerhin betreffen die Probleme und Herausforderungen der Gegenwart letztendlich Erfurt genauso wie Hannover, Frankfurt oder Stuttgart. Und im Widerspruch zu der Auffassung des Einzelhandelskaufmanns sind souveräne Landsleute weder kognitiv beschränkt oder geschichtlich zurückgeblieben, wenn sie sich mit ihrem Votum für eine radikale Trendumkehr einsetzen – und sie nur dann für möglich erachten, wenn nicht mehr die Alteingesessenen an den wichtigen Schalthebeln sitzen. Demokratie endet eben nicht hinter der Union, sondern sie lässt – von Karlsruhe ausdrücklich bescheinigt – ein größtmögliches Abbild unterschiedlichster Gesinnungen zu. Von diesem Anspruch lassen sich auch jene nicht abbringen, die momentan in aller Öffentlichkeit zu einem Kontinuum von Goebbels degradiert werden. Schlussendlich gehen Hass und Hetze heute von insuffizienzgeplagten Charakteren aus, die angesichts ihrer kläglichen Denkmäler verzagen, welche sie sich unter der korrumpierenden Zusammenarbeit mit allen anderen Etablierten errichtet haben. Denn tragfähig scheint von all den Projekten, die Ramelow mit seiner Minderheitsregierung anstieß und verwirklichte, kaum etwas zu sein. Stattdessen schleppt er sich einigermaßen mühsam durch die Legislaturperiode – und dürfte auch hinsichtlich der personellen Besetzung seines Kabinetts II niemanden überzeugt haben. Und so sucht er händeringend nach irgendeinem Strohhalm, an dem er sich noch festklammern kann, um nicht im Tal der Tränen verharren zu müssen. Wer auf diesem steinigen Weg hin zu einer sinnstiftenden Kongruenz mit sich selbst lediglich an der Tankstelle der Denunziation vorbeikommt, wird sich im Zweifel auch an manch einem moralisch anrüchigen Kraftstoff bedienen.

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