Kommentar von Dennis Riehle
Was gab es in der letzten Zeit nicht schon an Beispielen dafür, dass Betriebe den Begriff der Unternehmenspolitik offenbar völlig falsch verstanden haben. Da gibt es die bedeutsamsten, anerkanntesten und integersten Industriellen in unseren Sphären, die nicht etwa eine Philosophie darüber entwickeln, wie sie wirtschaftlich erfolgreich sein können. Sondern die sich kurzerhand in das Geschehen im Berliner Regierungsviertel einmischen – und in diesem Gebaren darauf hoffen, mit Wohlwollen, Sanftmut und Vorteilen durch die Obrigkeit bedacht zu werden. Schlussendlich bleibt es stets eine heikle Angelegenheit, sich als Ökonom mit einem allzu voreiligen Bekenntnis zu bestimmten Personen nicht nur Ruhm und Ehre aus dem linken Bevölkerungskohorte einzuheimsen. Stattdessen kann eine PR nach hinten losgehen, die nur auf den ersten Blick als ein hehres Anliegen zur Positionierung im gesellschaftlichen Streit um Macht, Einfluss und Weltanschauung gilt. Denn ob es nun eine ständige Brandmauer gegen die AfD oder ein vehementes Einstehen gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten in den USA ist, bleibt bei der externen Betrachtung und Bewertung einer gelungenen oder missglückten Öffentlichkeitsarbeitsarbeit nur von einem untergeordneten Belang. Denn jede Form der Antipathie wird in Teilen der Gesellschaft auf Argwohn und Missgunst stoßen – und als übergriffige Einmischung in die Bewusstseinsbildung des Einzelnen angesehen werden. Und so scheint es keine allzu kluge, weitsichtige und vernünftige Entscheidung, wenn sich Rossmann in einem bisweilen anmaßend und überheblich daherkommenden Stil mit Inbrunst zu Wort meldet, Tesla allein deshalb meiden zu wollen, weil Elon Musk ein Unterstützer von Donald Trump ist.
Welche Ambition wird mit einem solchen Vorstoß verfolgt, der nicht nur einigermaßen unnötig und belanglos erscheint – sondern sich als ideologisch aufgeladene Abgrenzung dazu eignet, eine nicht unerhebliche Kundschaft zu verlieren? Ist es der hilflose Versuch, neue Aufmerksamkeit und Rampenlicht zu erlangen? Spielt die persönliche Aversion gegenüber konservativen Sichtweisen eine Rolle? Fühlt sich ein Neider im Anschluss erleichtert, wenn er sich auf die Seite des Kartells geschlagen hat? War es möglicherweise ein falscher Entschluss, sich als Drogist denn als Pressesprecher der Ampel zu verwirklichen? Und was hat eigentlich das Wahlverhalten der Amerikaner mit einer deutschen Parfümerie zu tun? Es ist der Mentalität der Gegenwart geschuldet, auch in einer völlig unpolitischen Funktion entsprechend Stellung zu beziehen, die der einfache Bürger nicht unbedingt als Maßstab dafür ansieht, in welche Richtung er seine Moral auszurichten hat. Wie es mittlerweile nahezu inflationär geworden ist, sich als Schauspieler, Wissenschaftler, Musiker, Fußballspieler, Intendant oder Oma gegen rechts zu engagieren, scheinen auch diejenigen ihre Bestimmung kurzerhand über Bord geworfen zu haben, die nicht mehr darauf aus sind, möglichst gute Zahlen zu schreiben. Viel eher geht es um das Wähnen im Applaus der vermeintlich Besseren, die auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Verachtung jeder bürgerlichen, patriotischen oder identitären Gesinnung zusammentreffen – und sich in der Separierung des Bösen auf der richtigen Seite der Geschichte sehen.
Jedem bleibt es selbst überlassen, sich mit einem geschäftsschädigenden Verhalten ins eigene Knie zu schießen. Dass aus einer individuellen Motivation der Abscheu und des Verwahrens gegenüber einer nicht nur in den Umfragen immer deutlicher werdenden Überzeugung von Heimatliebe diesseits und jenseits des Atlantiks schnell einmal ein Bärendienst werden könnte, darüber sind sich offenbar diejenigen nicht bewusst, die es sich in ihrem Elfenbeinturm gemeinsam mit der herrschenden Klasse gemütlich machen. Es bleibt in der Demokratie eine mündige Abwägung, sich bereits präventiv vor jeder Kontaktschuld in Sicherheit zu bringen. Ob man mit dieser Lagerbildung allerdings einen Beitrag zur Versöhnung des gespaltenen und polarisierenden Miteinanders leistet – der übrigens auch den Firmenbossen in diesem Land als ethischen Verantwortungsträgern und tugendhaften Vorbildern durchaus abverlangt werden kann -, wird zumindest für denjenigen zweifelhaft bleiben, der mit dem physikalischen Prinzip von Actio und Reactio vertraut ist. Denn jede ergriffene Maßnahme um der Steigerung eines angesehenen und angepassten Leumunds willen kann zu einem Bumerang werden. Schließlich haben wir mittlerweile genügend Sittenwächter, Prinzipienreiter und Oberlehrer, die noch immer nicht verstanden haben, dass der Souverän keine Aufklärung, Erziehung oder Betreuung im Denken benötigt. Wer sich dennoch als Philister und Saubermann etablieren will, der begibt sich auf dünnes Eis. Und so dürften die nächsten Marktdaten der Handelskette interessant sein. Denn es wäre nicht das erste Mal, dass selbst die Stammklientel Gutmenschentum abstraft.