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Spaltungstendenzen im rechten Lager: Auf die inhaltlichen Schnittstellen kommt es an!

Kommentar von Dennis Riehle

Eigentlich war mir über eine lange Zeit hinweg das Flügeldenken in der Politik ein Dorn im Auge. Denn die schematische Einteilung zwischen links und rechts schien mir einigermaßen unspezifisch und kaum definiert. Und so ist es wahrscheinlich auch kein Zufall, dass in diesen Tagen eine Neuausrichtung des Kompasses notwendig wird, weil die sogenannte Mitte immer weiter verschoben wurde. Heute gilt man nahezu plakativ schon dann als Nazi, Faschist oder Extremist, wenn man mit Öl heizt, Fleisch isst, einen Verbrenner fährt, im Krieg nicht auf der Seite der Ukraine steht, mit der demokratischen Präsidentschaftskandidatin in den USA nicht viel anzufangen weiß, sich zum christlichen Glauben bekennt, Weihnachten statt Ramadan feiert, auf das System der Binarität beharrt, Schwarz-Rot-Gold als die offiziellen Farben für die Bundesrepublik untermauert, seinen Wohnraum nicht für Migranten freimachen möchte, in der massenhaften Flutung mit „Schutzsuchenden“ keine Bereicherung sieht, tägliche Messerattentate nicht als Einzelfälle bezeichnet, auf Gendersternchen verzichtet, in Jeans statt in Jogginghose aus dem Haus geht, den Sommer 2024 nicht als Hitzekatastrophe deklariert und ein Windrad in der Landschaft kaum als nachhaltig anzuerkennen vermag. Eindeutig gehöre ich zu genau dieser Gruppe an Bürgern, die aus Sicht des Progressivismus rückwärtsgewandt und altbacken im Bewährten statt im Neuen Halt und Stabilität finden. Ich habe kein Problem damit, mich in diese Schublade stecken zu lassen. Nicht nur, weil ich eine Präferenz für die Parteien abseits des Kartells von CDU bis BSW in mir hege, bekenne ich mich zu Patriotismus und Heimatliebe. Sondern auch, weil ich das Verstandsmäßige immer dem Zeitgeistigen vorziehen werde.

Gleichzeitig hadere ich aber auch mit denen, die ich ideologisch eigentlich auf einer Ebene gesehen hatte – bis ich irgendwann einmal erwähnte, dass ich schwul sei, aber mit queerer Mentalität von Regenbogen über Schweinsmaske bis Lack und Leder überhaupt nichts anzufangen weiß. Meine nicht-existenten Bettgeschichten bleiben bei mir Privatsache. Und trotzdem werde ich in diesen Tagen immer wieder neu von jenen angefeindet und in der Würde herabgesetzt, die die Homosexualität prinzipiell als etwas Widernatürliches und Abartiges begreifen – und allein aus diesem Grund den Kontakt zu mir abbrechen. Da handelt es sich oftmals um Personen, die ich über lange Zeit als integre Bekanntschaften ansah, auch wenn sie mir zunehmend mit Argwohn begegneten, weil ich nicht die männliche Physiognomie aufweise, die man sich im nationalistischen Spektrum als Idealvorstellung wünscht. Vielleicht war es ein Stück weit naiv von mir, zu glauben, dass es auf unserer Seite des vermeintlich Bösen zumindest einen Minimalkonsens darüber gibt, Mitstreiter und Kameraden nicht allein anhand des Aussehens oder der Präferenzen im Schlafzimmer festzumachen. Was für mich in diesem Zuge sehr offensichtlich wurde, dass es mir trotz allem Bewusstsein und Bestreben nach Einigkeit in der inner- und außerparlamentarischen Opposition wohl auch deshalb nicht gelingen wird, mich mit denjenigen zu versöhnen, die zwar hinsichtlich der Remigration, Transformation und Evolution auf demselben Pfad wandeln wie ich, aber gleichsam in Primitivität glänzen, weil ich bei aller Kritik an unserer Verfassung zumindest Artikel 1 und 3 als einigermaßen unverrückbar ansehe.

Dass meine Daseinsberechtigung geschmälert und meine Integrität reduziert wird, weil ich einerseits als Journalist ohnehin des Teufels bin, andererseits Zuneigung zu Männern statt zu Frauen verspüre, stellt für mich zweifelsohne eine Überraschung dar. Auch die Aversion, die mir entgegenschlägt, weil ich mit Blick auf meine Körperfülle nicht den BMI verkörpere, den Adonis vorgegeben hat – und darüber hinaus an einer Krankheit namens Parkinson leide, die von manch einem Hochmütigen als Schwäche angesehen wird, macht mich zweifelsohne skeptisch. Auch wenn die Oberflächlichkeit in der aktuellen Dekade drastisch zunimmt und durch die Anonymität des Netzes noch verstärkt wird, trifft mich manch eine Plumpheit und Profanität doch mit großer Wucht. Ich kann durchaus Missgunst und Argwohn verstehen, wenn eine Minderheit an desorientierten Nonbinären mit größtmöglicher Provokation freizügig und in natura durch unsere Straßen läuft. Ich bin einer der Ersten, der solch ein Gebaren als obszön, skurril und pervertiert einordnet. Aber es enttäuscht mich zweifelsohne, dass die Differenzierungsfähigkeit derart abhandengekommen ist, dass man eine verantwortungsvoll gelebte Prägung nicht von einer postinfantilen und degenerierten Präsentation nackter Tatsachen zu unterscheiden weiß. Da ist es also auch auf der rechten Seite des Tableaus ein entsprechendes Credo, Brandmauern zu errichten und sich in Abgrenzung wiederzufinden – weil man bei ehrlicher Betrachtung kein eigenes Bündnis wird aufstellen können, das von einem bürgerlichen und wertkonservativen Milieu bis hinein in die völkische Bewegung reicht. So ist der Traum, dem Kartell des Grünsozialismus einen möglichst großen, breiten und stabilen Widersacher entgegenzustellen, zumindest in Teilen eine hehre Wunschvorstellung.

Gleichsam sollte dieser Befund nicht entmutigen, sich mit allen Partnern im Schulterschluss zu üben, die auf der hiesigen Seite von Gut und Böse verbindende Inhalte, Argumente und Konzepte in den Vordergrund stellen, statt sich in der Spaltung des eigenen Lagers zu betätigen. Das Tragende all derjenigen, die sich von AfD über „WerteUnion“ bis hin zu „Bündnis Deutschland“ nicht an subtilen Merkmalen wie der Äußerlichkeit, Ressentiments und Vorurteilen ihrer Verbündeten abarbeiten, sondern um den unschätzbaren Wert des gemeinsamen Pragmatismus, der Vernunft und der Rationalität wissen, darf unser Motor im Aufbegehren gegen die machtmissbräuchliche Obrigkeit sein. Man wird nie in allem konformgehen, was die Anderen meinen und denken. Es ist auch nicht nötig, sein Gegenüber als perfekt zu empfinden. Denn darum sollte es in der politischen und weltanschaulichen Auseinandersetzung über die Zukunft der Bundesrepublik nicht gehen. Es spielt keine allzu wesentliche Rolle, ob der nächste Kanzler kurz, lang, dick oder dünn, gelernter Handwerker oder Professor, heterosexuell oder gleichgeschlechtlich orientiert ist. Wenn er sich darum sorgt, dass die Flutung unseres Kontinents mit illegalen Einwanderern gestoppt wird, er von der verkopften Transformation Abstand nimmt, Rechtsstaatlichkeit und Repräsentativität wiederherstellt, das Selbstbestimmungsgesetz und die Regelungen zur Staatsbürgerschaft rückgängig macht und wieder eine Lehre von Normativität, Tugendhaftigkeit und Sitte in unseren Schulen und Bildungseinrichtungen Einzug halten lässt, sollten uns triviale Maßeinheiten egal sein.