Kommentar von Dennis Riehle
Als ich vor einiger Zeit aufgrund von mehr als 20 Jahren und knapp 20.000 Stunden Ehrenamt für einen Orden der Republik vorgeschlagen wurde, war ich zunächst ein bisschen stolz darauf. Schließlich galt diese Auszeichnung bis vor ein paar Jahren tatsächlich noch als eine ehrwürdige Anerkennung besonderer Leistungen im Bürgerschaftlichen Engagement, für herausragende berufliche Erfolge oder als Ausdruck von Wertschätzung für einen Einsatz im Sinne unseres Landes. Und weil die Zahl der vergebenen Medaillen und Plaketten gerade seit der Amtszeit von Joachim Gauck sukzessive gesunken war (vgl. „Zu wenig Frauen, falsche Verdienste – warum der Bundespräsident immer weniger Orden verleiht“, in: Tagesspiegel vom 23.11.2016), hätte man sich durchaus etwas einbilden können, zu dieser erlesenen Gruppe an schwülstigen Titelträgern zu gehören. Doch spätestens, seitdem wir darum wissen, dass sich unsere Parlamentarier dieses Prädikat wechselseitig zuschustern (vgl. „Abgeordnete bedienen sich bei Verdienstkreuzen selbst“, in: WELT vom 10.12.2010), ist das Vertrauen in das Siegel massiv zurückgegangen.
Und so bin ich glücklich darüber, dass man die Verleihung eines solchen anrüchigen Etiketts an mich verweigerte. Schließlich hätte ich es in diesen Tagen zurückgeben müssen, denn ich will mich nicht mit Alena Buyx und anderen Inhabern dieser zur Bürde verkommenen Dekoration in einer Reihe sehen. Das Handeln von Legislative, Exekutive und Judikative geht mittlerweile vehement an der Lebenswirklichkeit der Bürger vorbei. Das sehen wir exemplarisch in der Schwerpunktsetzung der Ampel, aber genauso bei der krampfhaften Diffamierung einer Partei, die von Millionen Wählern unterstützt wird, nachdem sie die Probleme und Herausforderungen der Gegenwart klar benennt. Zu den Forderungen der AfD gehört unter anderem auch, die Corona-Politik kritisch, konsequent und schonungslos aufzuarbeiten. Denn auch die ehemalige Ethikrat-Vorsitzende gehörte zu jenen, die in einer singulären, dreisten und unnachgiebigen Moralisierung Menschen an den Pranger stellte, die sich nicht dem Diktat des Gesundheitsministers zu unterstellen bereit waren, eine Impfung ablehnten oder gegen die Beschneidung von Freiheitsrechten protestierten.
Sie alle wurden degradiert und wie eine Sau durchs Dorf getrieben. Man sprach ihnen bisweilen nicht nur die Würde ab, indem man zu ihrer Ausgrenzung, Brandmarkung und Stigmatisierung aufrief. Es war ein Verbrechen an unserer liberalen Grundordnung, die eigentlich unantastbare Integrität des Einzelnen durch eine totalitäre Manier kurzerhand für obsolet zu erklären. Wer für die Spaltung und Polarisierung der Gesellschaft prämiert wird, der ist in den Augen einer sicherlich nicht unerheblichen Mehrheit der Bevölkerung der unpassendste Adressat für eine offizielle Huldigung. Doch nachdem sich der Elfenbeinturm in Berlin allein deshalb ständig vergrößert, weil die Herrschenden immer neue Handlanger und Marionetten aus Wissenschaft, Medien oder Industrie in ihren Dunstkreis einladen, tauchen zunehmend häufiger Protagonisten im Rampenlicht von Schloss Bellevue auf, für die der Ruhm nicht geschaffen wurde.
Es ist ein Paradebeispiel für Klüngelei und Kungelei, wenn sich die von der Realität absondernde Elite eigenmächtig beweihräuchert. Wer nicht nur ein ideelles Soll auf sich geladen hat, dem sollte in einem Miteinander keine Laudatio zuteilwerden. So bleibt es ohnehin beeindruckend, wie sich manch eine Persönlichkeit ihres Gewissens entledigt, wenn der Reiz von Einfluss und Repression zur völligen Enthemmung führt. Und so waren es willkürliche Maßnahmen ohne jeden Verstand, als man(n) und Frau ein Kollektiv unter dem Deckmantel eines vielleicht doch nicht so gefährlichen Virus unter die Fuchtel nahm – und es unter dem Totschlagargument der Solidarität zur Preisgabe von Souveränität, Normativität und Unversehrtheit nötigte. Letztlich war es weder eine Großtat noch eine Bravour, den Status einer Gesinnungsinstanz dafür zu missbrauchen, das Leben von Anderen einzuschränken. Vielmehr handelt es sich um ein Lehrstück, wie sich auch im 21. Jahrhundert Despotie und Absolutismus umsetzen lassen.
Es gehört offenbar zu unserem heutigen Alltag, Vernunftorientierte zur Verfassungsfeinden zu erklären – und die tatsächlichen Feinde der Demokratie mit Vorschusslorbeeren zu segnen. Und so verwundert es mich auch nicht, dass ich als männlicher und unangepasster Mitte-30er kaum für das Salaire am Hofe von Frank-Walter Steinmeier in Frage kam. Denn bei einer ohnehin völlig intransparenten Verteilungspraxis, die lediglich Spekulationen darüber zulässt, weshalb einer Nominierung nicht entsprochen wurde, dürfte es wohl nie eine für den außenstehenden Beobachter nachvollziehbare Gerechtigkeit geben. Und so bleibt es einer Selbstbedienungsmentalität geschuldet, dass sich nicht nur das Staatsoberhaupt mit seinem Applaus für Charaktere ins Abseits stellt, die unter der gewichtigen Meinung der Öffentlichkeit zu den skurrilsten Empfängern von Antlitz und Schmeichelei gehören. Die fehlende Bereitschaft zur Aufarbeitung von Fehlern, Verantwortung und Haftung für den enormen Schaden von Isolation, Konfrontation und Manipulation während der Pandemie wird als historischer Makel in die Annalen eingehen. Und die Geschichtsbücher werden auch nicht darüber schweigen, wie schamlos die Obrigkeit den Frevel mit Honneurs zu verdecken bemüht war.