Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Berliner Verein plant Friedhof für Schwule und Lesben“ (aus: Berliner Zeitung vom 25.02.2025)
Im Berliner Stadtteil Schöneberg soll laut BZ bereits 2025 ein eigener Friedhof für Schwule und Lesben errichtet werden. Entsprechende Medieninformationen haben für Wirbel gesorgt. Denn auch ich als Homosexueller stehe kopfschüttelnd und achselzuckend vor solchen Projekten, die mich schon allein deshalb sprachlos machen, weil sie einerseits meiner Überzeugung zutiefst widersprechen, Privates nicht zur Schau zu stellen. Der bloße Umstand, dass ich für das gleiche Geschlecht eine Liebespräferenz hege, macht mich weder zu etwas Besserem noch etwas Schlechteren. Sondern ich bleibe genau der gleiche Mensch wie der „Hetero“, der sich eben auch nicht auf eine einzelne Eigenschaft reduzieren lassen will – und deshalb den Anspruch erhebt, seine letzte Ruhe nicht neben einem Veganer, Dunkelhäutigen oder Adipösen finden zu wollen. Wie sehr kann man die Distanz in unserem Miteinander noch treiben, wo bleibt die Vernunft im Angesicht von schwerer Erosion unserer Fasson, unseres Stils, unserer Haltung und unserer Zivilisation?
Wir sind deutlich mehr als das, was der Wokismus aus uns machen möchte. Dieses zwanghafte Bedürfnis zum Exotischen ist heutzutage nicht zuletzt der Flucht vor Identität und Konformität geschuldet. Man will sich nicht mehr verbindlich festlegen, sondern in sämtlichen Belangen flexibel bleiben. Eine Wesenseinheit mit dem Selbst bildet sich bei vielen „Queeren“ nicht mehr heraus, weil sie endlos auf dem Meer der Vielfalt und Entfaltung schippern, ohne je vor Anker zu gehen. Und selbst im Grab scheint man noch zu quengeln. Die sogenannte LGBTIQ-Bewegung sieht sich als einen separaten Teil vom Ganzen, verkehrt in der Community, nicht in der Gesellschaft. Diese Abgrenzung, exemplarisch auch bei diesem Vorhaben demonstriert, geht mit dem Drang zur Präsentation einer ekstatischen Ideologie einher, die jeder ablehnen muss, für den die Existenz nicht am bunten Regenbogen endet, sondern im Wissen um Ankunft. Sich sogar im Tod noch isolieren, trennen und vereinsamen zu wollen, ist bedauerlicher Selbsthass.
Eine Versöhnung mit dem eigenen Ich und der Umwelt wäre allerdings schon zu Lebzeiten wünschenswert. Denn gerade in der Gegenwart ist Zusammenhalt mehr denn je gefragt. Die zahlreichen Herausforderungen, welche aktuell auf unser Kollektiv, seine Kultur und seine Wurzel einprasseln, werden nicht zuletzt aufgrund des Auseinanderdriftens verschiedener Gruppen dynamisiert, die als einzelne wenig Aussicht auf Zukunft haben, treiben sie den Keil der Entfremdung doch weiter in unserer Mitte. Statt den Schulterschluss zu üben, um beispielsweise der Attacke durch einen fanatischen Islam die Stirn zu bieten, welcher gerade keine Philosophie vom anderen Ufer duldet, verstrickt man sich in der Idiotie, die Gefahr für Bündnisse von Mann und Mann oder Frau und Frau käme von rechts. Durch Projektion, Verdrängung und Abkapselung wird kein Frieden entstehen. Dafür aber Raum für die Feinde der liberalen Sitte. Es ist kein Ansehen der Person vor Gott, heißt es im Römerbrief. Und damit auch kein Bohei um seine Orientierung.