Kommentar von Dennis Riehle
Darf es noch ein bisschen mehr sein? – Während man sich im Restaurant bisweilen darüber freut, wenn der Kellner mit ein wenig Nachschlag um die Ecke kommt, so ist es zumindest ideell zu viel des Guten, wenn das moralische Maß voll ist. Und so wird sich ein nicht unerheblicher Teil der Zuschauerschaft, die bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele vor dem Fernseher saß, tatsächlich zu dem Attest durchgerungen haben: Jetzt reicht es! Da will uns manch ein Beobachter verkaufen, dass die dargestellte queere Lebenswirklichkeit mit den griechischen Ursprüngen des Sportereignisses in engem Kontinuum steht – weil man auch damals nicht unbedingt von Körperlichkeit, Buntheit und Vielfalt verschont blieb. Doch blickt man auf die Darstellungen der einstigen Leistungsbewerbe, so ging es um Längen gesitteter zu als bei einem Schaulaufen der Perversion, der Absurdität und der Widernatürlichkeit, mit dem sich Paris als Austragungsort der Desavouierung hingegeben hat. Denn auch wenn man durchaus legitim zu der Auffassung gelangen kann, dass man in der Moderne etwas laxer, freizügiger und offenherziger mit manch einer nackten Tatsache umgehen darf, war dieser Rückfall in der Evolution die sittliche, ethische und moralische Bankrotterklärung gegenüber das Diktats der Minderheit, die in ihrer transhumanistischen Vision davon ausgeht, Regeln, Normen und Gesetze der Schöpfung auch deshalb über Bord werfen zu können, weil man sich in einem säkularen und laizistischen Staat befindet. Dass allerdings auch dort die Provokation gegenüber der in Mitteleuropa noch immer vorherrschenden christlichen Prägung nicht zu den Tugenden gehört, die uns beispielsweise schon unsere Eltern gelehrt haben, sollte zumindest denen am bewusst sein und am Herz liegen, die auch übermorgen noch in einem Mindestmaß an Gepflogenheit erwachen wollen.
Mit einer Erziehung zu Anstand, Unanrüchigkeit und Pietät waren viele von uns noch aufgewachsen, deren Väter und Mütter wohl nie auf den Gedanken gekommen wären, dass solche Ideale einmal zur Disposition stehen würden. Mit der Preisgabe von Wurzeln, Ursprüngen und Traditionen räumen wir nun aber doch den Platz für Verrohung, Abstumpfung und Dekadenz. Dabei bewegen wir uns in der biblischen Geschichte weg vom Neuen hin zum Alten Testament – und machen Sodom und Gomorra alle Ehre. Dass man ausgerechnet das letzte Abendmahl verhöhnt und verspottet, ist ein Schlag ins Gesicht der kulturellen Entität unseres Kontinents. Und so war es eine klare Ansage an diejenigen, die von außen auf unsere Territorien vorgedrungen sind – und immer häufiger nicht aus Gründen der Verfolgung kommen, sondern es explizit auf eine Erosion von Bestehendem, Funktionierendem und Bewährtem abgesehen haben. Die Obskurität unseres Seins gilt nahezu als eine Aufforderung, an der durch einen fanatisierten Islam bereits begonnenen Unterjochung weiterzuarbeiten. Denn die Freiheit zu Obszönität und Skurrilität wird es dann nicht mehr geben, wenn Allah über uns herrscht. Die Toleranz sämtlicher Unbedingtheit, Würdelosigkeit und Dekadenz wird die Welle sein, auf der das Fremde und Unbekannte in unsere Sphären reitet – und sich scheckiglacht über die Naivität und Verblendung, mit denen wir offene Arme gegenüber jedem zeigen, der bisweilen auch mit weniger hehren Absichten bei uns anlandet. Dieser Offenbarungseid, das Wegwerfen von allem Profil und die Negierung von Konformität, Verbindlichkeit, Zucht und Ordnung sind Ausgangspunkt für eine weitere Umwälzung unserer abendländischen Unversehrtheit in eine sarazenische Zukunft – in der nicht mehr der Hahn krähen wird, sondern der Muezzin zum Gebet einlädt.
Wir haben tatsächlich den Gabentisch bereitet, an dem sich jene bedienen werden, die Andersdenkende schon allein aus der Exegese ihrer heiligen Schriften nicht anzuerkennen bereit sind – und aus ihrem mohammedanischen Glauben heraus die konkurrierenden Monotheismen lediglich als Vorläufer begreifen, die auf Geheiß der Suren vollendet werden müssen. Dabei werden sie sich dankbar ins Fäustchen lachen, dass wir es selbst sind, die bereits das Fundament der Verächtlichmachung des immanenten Bekenntnisses zu Jesus und dem Dreieinigen Gott legen – obwohl die Religiosität in unseren Breiten nicht zwingend rückläufig ist, obwohl die Zahl der Kirchenaustritte massiv ansteigt. Doch es geht nicht um die Institution, sondern um die Charakterlichkeit des Okzidents mit seinen Werten, Prinzipen und Errungenschaften, welche durch das frivole, vulgäre und anstößige Gebaren unter dem Regenbogen nahezu sehnsüchtig nach Selbstaufgabe schreit. Diese Inszenierung glich einem Angriff auf den wiedererstarkten Patriotismus in unseren Gefilden, der sich mit Vehemenz gegen das Verramschen unseres Erbes stemmt. Schlussendlich braucht es eine deutliche Antwort, dass vor allem eine konservativer werdende Jugend nicht länger dabei zusehen möchte, wie sich eine verirrte Kohorte an Gescheiterten an der Identität der Heimat vergeht. Daher kann man im Augenblick nur diejenigen unterstützen, die einen von Stolz und Ehre getragenen Kontrapunkt zur Veräußerung aller liebgewonnenen Überlieferungen setzen – und die heidnische Blasphemie als Aushängeschild für Verderben, Sünde und Untergang beiseitedrängen. Selten zuvor war der Kern und Kitt unserer westlichen Gesellschaften derart von Zersetzung bedroht. Und daher muss die Reaktion ebenso unverhohlen ausfallen: Unser Proprium Europas steht nicht zur Debatte, die Kongruenz des Volkes lässt sich nicht dividieren.