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Ob AfD oder FPÖ: Der haltungsmediale Behauptungsirrsinn kennt keine Schranken!

Kommentar von Dennis Riehle

Ich bin ein kollegialer Mensch. Schon im Beruf sagte man mir nach, mich gegenüber meinesgleichen stets fair verhalten zu haben. Und obwohl es vor meinem gesundheitsbedingten Ausscheiden aus dem Job bereits eindeutige Tendenzen gab, dass sich die gesamte Branche noch weiter nach links bewegt, als sie es ohnehin schon seit Anbeginn der Zeit unter Beweis stellte, hatte ich mich mit Kritik an der Arbeit von Dritten auch aus Gründen der Solidarität und des Zusammenhalts zurückgehalten. Doch heute gibt es für mich keinen Grund mehr, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Schließlich fehlt es unserer Zunft an einer distanzierten und skeptischen Instanz, die Fehler und Versagen offenlegt. Und so verwundert es mich nicht nur, welche Sorgfaltspflichten von zahlreichen Presseschaffenden ohne allzu große Not verletzt werden. Erleichtert bin ich gleichzeitig ein Stück weit darüber, dass sich die Krise der Medien nicht nur auf Deutschland erstreckt. Denn auch bei den österreichischen Nachbarn scheint es die Ambition zu geben, Journalismus mit Propagandismus zu vermischen. Da muss die Redaktion von „Der Standard“ Statistiken aus dem Jahr 2018 bemühen, um nach dem Sieg der FPÖ bei den Nationalratswahlen in der typisch investigativen Manier allein deshalb eine skandalöse Anrüchigkeit zu wittern, weil Spitzenkandidat Herbert Kickl unter anderem mit der Identitären Bewegung in Kontakt zu sein scheint.

Es tun sich gewisse Parallelitäten zum publizistischen Umgang mit der AfD bei uns auf, wenn man einigermaßen unspektakuläre Gegebenheiten zu einer Schlagzeile aufbläht, die bei einer nüchternen Betrachtung nur bedingt Grund zur Empörung liefern. Tatsächlich muss das Gesetz erst geschrieben werden, in dem wir lesen können, dass Verbindungen zwischen einer Partei und Vorfeldorganisationen verboten sind. Bedenkt man allein in der Bundesrepublik die große Nähe zwischen der Regierung und antifaschistischen Vertretern, so bleibt auch hierzulande der Aufschrei ziemlich übersichtlich. Auch die Tatsache, dass sich die SPD mit radikalen Vertretern des Islam trifft, war zumindest dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk bislang keine Silbe wert. Und so bleibt in Wien die mittlerweile vor sozialistischen Ideen nur so triefende Schar um den Genossen Babler ebenfalls einigermaßen unbeschattet – während sich der ORF in regelmäßiger Entrüstung zu ähnlichen Vergleichen in die Vergangenheit bemüht, wie das auch ZDF oder „Süddeutsche Zeitung“ bisweilen tun. Was ist also dran an den Vorwürfen, dass die Blauen diesseits wie jenseits des Arlbergs in einer verächtlichen Moral den Austausch mit stringent denkenden Patrioten suchen?

Führt man sich den angesprochenen Artikel vor Augen, so bemüht er sich redlich um das Entwirren eines vermeintlichen Netzwerks zwischen den Freiheitlichen und Martin Sellner – der von Innenministerin Faeser bereits erfolglos an der Einreise auf das unsrige Territorium gehindert wurde. Die Anstrengung der Kommentatoren ähnelt jenen, die vor nicht allzu langer Zeit RTL aufbrachte, um in einer Dokumentation über national gesinnte Aktivisten mit unlauteren Mitteln und auf Teufel komm raus Affären aus dem Hut zu zaubern, die sich bei nicht ganz so voreingenommener Bewertung als ein in sich zusammenfallendes Kartenhaus entpuppten. So wird dem Gewinner vom 29. September auf Umwegen unterstellt, mit Charakteren im Einklang zu sein, die sich wiederum in nebulösen Verstrickungen zu verurteilten Straftätern befinden sollen. Dass die entsprechenden Erhebungen des Staatsschutzes veraltet und dadurch gegebenenfalls unrichtig sind, das interessiert elitäre Verfassungshüter wie willfährige Schreiberlinge kaum. Denn sie benötigen sowohl an der Spree wie auch am Ufer der Donau irgendeinen belastbaren Beweis dafür, dass sich die unliebsamen Konkurrenten der jeweiligen Regierung mit einer gewaltsamen Strategie des aggressiv-kämpferischen Umbruchs unserer liberalen Ordnung gemeinmachen.

Sitzen in den Parlamenten also tatsächlich Handlanger einer nicht nur rechtsextremistischen Gesinnung, sondern der bewussten Zielsetzung, das repräsentative System überwinden zu wollen? Mich berührt es nicht einmal sekundär, ob sich ein als Influencer geltender Experte für Remigration in seiner Freizeit Ringkämpfe ansieht oder mit Menschen verweilt, die irgendwann in ihrer Biografie mit den Paragrafen in Konflikt gekommen sind – solange er mit seinen eigenen Positionen, Forderungen und Standpunkten auf dem Boden der Tatsachen und der gemeinschaftlichen Werte der Aufklärung steht. Sowohl bei Sellner wie auch den anderen Protagonisten, die nunmehr von den Faktencheckern unter die Lupe genommen werden, erkenne ich eine diametral der Menschenwürde oder Demokratie widersprechende Geisteshaltung. Denn es ist mittlerweile unter einer verstandsmäßigen Mehrheit hüben wie drüben ein allzu rationaler Minimalkonsens, wenigstens die Asylsuchenden abzuschieben, die zur Ausreise verpflichtet sind. Das hat dann weniger etwas mit Inhumanität, sondern mit Gerechtigkeit zu tun.

Denn in Europa ist es Usus, Migranten nur dann Obdach und Versorgung zu gewähren, wenn sie eine individuelle und konkrete Verfolgung in ihren Herkunftsregionen nachweisen können. Darüber hinaus ist die Rückführung all derjenigen, die sich vehement einer Eingliederung entziehen, fanatisch orientiert sind, kriminell wurden, ihre Identität verschleiern, allein aus wirtschaftlichen Aspekten eingereist sind oder die Scharia verehren, unter normalen Umständen eine Selbstverständlichkeit. Aber im Jahr 2024 ist nichts mehr so, wie sich das die Gründungsväter dachten, als sie vornehmlich davon ausgingen, Schutz allenfalls den Bedrängten aus der unmittelbaren Umgebung zuteilwerden zu lassen. Niemand hatte wohl daran gedacht, dass sich ganze Völkerwanderungen in Gang setzen und über tausende Kilometer entfernt eine explizit gewählte Destination ansteuern würden, die dafür berüchtigt ist, den halben Globus zu alimentieren. Es ist nicht nur mit Art. 1 GG vereinbar, sondern auch mit den äquivalenten Formulierungen in Sellners Heimat, dass Nächstenliebe in irdischen Realitäten nicht auf jeden Schicksalsgeplagten dieses Erdballs angewendet werden kann.

Da mag Dekaden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch immer eine erdrückende Last jene beschweren, die schon alleine aufgrund des Datums ihrer Geburt nicht in der Lage gewesen sein können, irgendeine direkte oder mittelbare Schuld an dem zu tragen, was unter dem Hitler-Regime an singulären Grausamkeiten verübt wurde. Nicht nur die Schwarz-Rot-Gold beziehungsweise Rot-Weiß-Rot liebende Jugend scheint dazu bereit, sich von einem immerwährenden Kreuz loszusagen, unter dem tatsächlich nur jene Unterjochten leiden können, denen es an Vernunft und Selbstbewusstsein fehlt. Schließlich gebietet nicht das internationale Parkett Masochismus und Drangsal, welche den aktuellen Generationen auferlegen, eine kollektive Haftung für das zu übernehmen, was einige ihrer Vorfahren angerichtet haben. Und so ist es nicht nur Sellner, der zur Verantwortung mahnt – aber für einen gesunden und verhältnismäßigen Umgang mit der Historie eintritt. Wenn unsere Kultur, Integrität und Souveränität durch eine massenhafte Invasion von Benachteiligten aus aller Herren Länder tangiert werden, dann muss man dies insbesondere dann nicht hinnehmen, wenn ihnen eine Bleibeperspektive fehlt – oder sie sogar dazu gewillt sind, ihre Wünsche und Vorstellungen klingenscharf durchzusetzen.

Wer von der Utopie nichts wissen will, dass Buntheit mit Friede, Freude, Eierkuchen gleichzusetzen sei, der erweist sich nicht als rassistisch – sondern allenfalls als pragmatisch. Was früher einer mittigen und bürgerlichen Ansicht entsprach, wird heute in die verruchte Ecke von Fremdenfeindlichkeit und Hass gestellt. Es ist kein Soll, für den Erhalt der Autochthonie einzustehen. Denn die Hinwendung zum eigenen Volk ist nicht gleichzeitig mit der pauschalen Herabsetzung, Entrechtung oder Unterdrückung des Unbekannten allein aufgrund dessen ethnischen Ursprungs verbunden. Sofern als die unwahrscheinliche Variante einer Koalition zwischen FPÖ und ÖVP in Österreich Wirklichkeit werden sollte, wird die Welt weder am Kölner noch am Stephansdom untergehen. Denn das Märchen der Deportation von Millionen Bundesbürgern mit ausländischen Wurzeln hat sich längst überdauert – und wurde sogar per Gerichtsbeschluss als offensichtliche Falschbehauptung in die Annalen verschoben. Deshalb täte etwas mehr Gelassenheit gut, um sich weniger von Horrormeldungen über die politische Apokalypse beeindrucken und vom Scheitern der Mächtigen in den Hohen Häusern Europas ablenken zu lassen.