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Lagerkampf und Spaltungstendenzen: Die politische Egomanie hat nun auch die AfD infiziert!

Kommentar von Dennis Riehle

Als ich meine Ausbildung zum PR-Berater absolvierte, war ein wesentlicher Bestandteil in der Prüfung, sich mit der Frage zu befassen, wie man als Person oder Institution im Falle einer persönlichen oder organisatorischen Krise am besten reagiert, um der Öffentlichkeit und den Medien keinen zusätzlichen Aufhänger zu liefern – und mit Blick auf Reputation und Ansehen nicht noch mehr Vorschub zu leisten, eine ohnehin bestehende Situation weiter zu verkomplizieren. Und so bin ich in diesen Tagen einerseits froh darüber, dass ich kein Pressesprecher der AfD bin – und nicht jene Scherben zusammenkehren muss, die mittlerweile die Partei von ganz alleine angerichtet hat. Andererseits brennt es mir unter den Fingernägeln, mit einem Zwischenruf zu spiegeln, dass man sich momentan selbst das Leben schwermacht. Denn waren es über einen langen Zeitraum hinweg vor allem die Systempresse, das Establishment und eine aufgebrachte linke Gesellschaftsklientel, die nur darauf gewartet haben, dass wieder ein blauer Reissack umfällt – oder der Geheimdienst eine Affäre dort aufbauscht, wo es bei Betrachtung mit nüchternem Menschenverstand keinen Skandal gab, sind es nun immer öfter ungeschickte Verhaltensweisen oder bewusste Fehltritte aus den eigenen Reihen, die für nahezu täglich neue Schlagzeilen sorgen. So war es zunächst das unnötige Eintreten in eine Debatte durch den Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, in einem Interview mit „La Repubblica“. Auch wenn an seinen grundsätzlichen Aussagen über die individuelle Schuld von Anhängern der SS gerade durch die von ihm vorgenommene Differenzierung prinzipiell kein Anstoß genommen werden kann, so war es doch in der momentanen Atmosphäre absehbar, dass derartige Formulierungen dazu genutzt werden, eine neue Empörung auszulösen.

Verfolgt man den Gesprächsverlauf, so wäre es ihm ohne Not möglich gewesen, diese Thematik zu umschiffen. Als erfahrenem Politiker hätte ihm bewusst sein können, dass er mit einer ausufernden Diskussion in solch einer komplexen Frage zwingend in ein Fettnäpfchen treten muss. Gleichsam war es aber auch der Bundesvorstand um Alice Weidel und Tino Chrupalla, der auf die Folgen der Aufkündigung der Zusammenarbeit durch die französische Frontfrau des Rassemblement National, Marine Le Pen, völlig übereilt und unbedacht reagierte – und damit den Anschein erlaubte, dass man sich im Zweifel aus Paris kurzerhand erpressen lässt. Das ausgesprochene Auftrittsverbot für Krah war ebenfalls eine unkluge Entscheidung, die in der Außenwahrnehmung den Eindruck einer großen Zerstrittenheit erweckte. Immerhin ist es in einer solchen Gemengelage entscheidend, dass man nicht über das Stöckchen springt, welches von einem einstigen Partner und jetzigen Handlanger von Ursula von der Leyen hingehalten wird. So bleibt im Augenblick der Beigeschmack einer fehlenden Solidarität untereinander, welcher noch einmal verstärkt wurde, als ein Dunstkreis um den nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Vincentz dieser Tage ein Ausschlussverfahren gegen den überaus beliebten, couragierten und aufrichtigen Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich in Gang setzte. Es zeigen sich wieder jene Gräben, welche doch eigentlich überwunden schienen. Denn sie hatten sich bereits in der Vergangenheit eröffnet, als sich das wirtschaftsliberale und gemäßigte Lager um die einstige Führungskraft Jörg Meuthen einerseits – und die patriotische, identitäre und rechtskonservative Strömung um den heutigen Thüringer Fraktionschef Höcke andererseits, bis zu einer Abspaltung hochschaukelten.

So ist es der Zuschauer mittlerweile gewohnt, dass sich gerade auch im politischen Alltag regelmäßig und unerbittlich menschliche Abgründe auftun, wenn das Hauen und Stechen um Macht und Einfluss beginnt. Doch er goutiert es in aller Regel mit wenig Sympathie und Zuneigung, wenn der Streit den Sachdiskurs verdrängt. Deshalb dürfte die fortwährende Auseinandersetzung intern auch beim distanzierten Wähler für Irritation und Ernüchterung sorgen. Denn offenbar gelingt es nicht einmal, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verständigen, als einzige kritische Oppositionskraft ein zur Homogenität diametrales Gegenkonzept anzubieten, das in den wesentlichen Herausforderungen und Prüfung der Aktualität eine radikale Trendumkehr einfordert. Daher weht nun auch ein Hauch von Narzissmus, Egozentrik und Ich-Bezogenheit mit, wenn der Mandatar Rüdiger Lucassen auf seine Leute losgeht – und sie demonstrativ im Gespräch mit einem nur darauf gierenden Magazin „Focus“ frontal angreift. Schlussendlich reibt man sich die Augen, wenn man die Generalabrechnung eines Funktionsträgers liest – welcher einerseits von den Diäten profitiert, die ihm wohl nicht zuteilwerden würden, wäre er nicht mit dem Zuspruch für die Alternative für Deutschland durch die Wähler ins Parlament entsandt worden. Der nun aber andererseits die Gelegenheit beim Schopfe packt, auf sein Sprungbrett einzuschlagen. Und so zeugt es von einer massiven Illoyalität, Verrat und Niederträchtigkeit, wenn man der Selbstsucht nach Rampenlicht und Aufmerksamkeit dadurch nachgibt, eine Partei und ihre Verantwortlichen in nahezu sämtlichen Aspekten für unfähig und ungeeignet zu erklären. Die Positionierungen triefen nur so vor Überheblichkeit – und zeichnen das Bild eines Mannes, der offenbar in großer Frustration danach Ausschau hält, sich als inhärenter Widersacher zu gebärden.

Wenngleich einige Vorhaltungen von ihm durchaus ihre Berechtigung haben, ist das Ausmaß der Denunzierung völlig inadäquat und verwerflich. Normalerweise hätte er all seine Probleme, die ihn offenbar mit der eigenen Zugehörigkeit zur AfD umtreiben, innerhalb ansprechen und klären müssen. Inwieweit er davon tatsächlich Gebrauch gemacht hat, bleibt am Ende seiner einseitigen Darstellung ungeklärt. Natürlich ist es ein ehrenwerter Appell an die eigene Zunft, sich weniger plump und einfältig mit der Figürlichkeit einer Ricarda Lang zu befassen – und nicht selbst in Populismus, Kraftausdrücke und Abstumpfung überzugehen, die man doch eigentlich dem Feind vorwirft. Darüber hinaus bin ich jederzeit dafür zu haben, stärker Inhalte und Programmatik zu kommunizieren, statt in jede Falle hineinzutappen, die der Haltungsjournalismus oder die gegnerische Seite auslegt. Und natürlich kann man auch zu dem Befund gelangen, dass manch ein Repräsentant der Partei über nicht allzu viel fachliche Kompetenz verfügt, wenn er sich in seinen Reden und Einlassungen vorwiegend darauf konzentriert, die Versäumnisse der Anderen aufzuzeigen – ohne aber selbst tragfähige Argumente liefern zu können. Gleichzeitig gibt es unzweifelhaft Grund dazu, die Qualität und Routine der Kommunikation und des Marketings der Blauen – auch in den sozialen Medien – anzuzweifeln. Denn nicht jede Veröffentlichung, Grafik oder Animation wirkt gekonnt und professionell. Auch hier gibt es unbedingt Verbesserungsbedarf. Trotzdem sollte man dies nicht auf offener Bühne anprangern, wenn man noch ein Fünkchen Gewissen in sich trägt – und mit Abstand realisieren sollte, dass diese Art der Zerfleischung für eine politische Kraft existenzbedrohend sein kann. Dass sich der Kampf um Dominanz und Mehrheiten innerhalb der Alternative wohl auch in den nächsten Wochen fortsetzen wird, ist gerade hinsichtlich der Abstimmungen am 9. Juni desillusionierend für all jene, die an diesem Land etwas verändern möchten – und kein Verständnis dafür haben, dass sich einzelne Individuen im Wahlkampf profilieren. Daher kann der Aufruf nur lauten, sich um der Einheit willen zusammenzureißen.

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