Kommentar von Dennis Riehle
Dilettantismus ist keine Tugend – auch wenn man in Zeiten einer nachlassenden Bildung in unserem Land durchaus zur Auffassung gelangen könnte, dass sich Fachkompetenz und politische Aufstiegschancen proportional gegeneinander entwickeln. So sind es nicht wenige Gesetzesvorhaben der momentanen Regierung, welche in den Ausschüssen im Bundestag von Experten in der Luft zerrissen werden – und an denen man eindeutig erkennt, dass sich die Verantwortlichen kaum noch die Mühe machen, eine nur ansatzweise plausible, wertige und beständige Begründung ihrer Maßnahmen gegenüber dem Souverän abzuliefern. Dennoch gibt es immer wieder zaghafte Hoffnungsschimmer, dass sich auch die mit einem zunehmenden Misstrauen konfrontierte Judikative bei Bedarf dazu durchringt, nicht alle Dämlichkeit und Plumpheit gutzuheißen, welche man ihr von Seiten der herrschenden Klasse vorlegt. Ein Paradebeispiel, dass der Obrigkeit in die Kandare gefahren wird, ist die Gerichtsentscheidung über das Einreiseverbot für den österreichischen Aktivisten Martin Sellner. Bereits im Eilverfahren wurde festgestellt, dass dieses von der Stadt Potsdam unter Zustimmung der Bundesrepublik erlassene Dekret nichtig ist. Die Argumentation der Roben hatte es in sich – und entlarvte einen durchsichtigen Schachzug, mit dem die politisch Handelnden von ihrem stringenten Versagen ablenken wollten. Man war darum bemüht, einen als Rechtsextremisten eingestuften Europäer vom Betreten des hiesigen Territoriums abhalten, während man achselzuckend dabei zusieht, wie ein Gefährder nach dem nächsten unsere Außenlinie überschreitet. Dass Maß und Mitte mittlerweile fast vollständig verloren gegangen sind, daran gibt es angesichts der Paranoia über das vermeintliche Wiedererstarken nationalsozialistischer Bestrebungen kaum einen Zweifel. Und so wird die Bundesinnenministerin noch so lange schwadronieren können, dass die Gefahr für unsere Demokratie nicht etwa von interaktiven Muslimen ausgeht, die auf unseren Straßen das Kalifat anpreisen. Sondern dass das Gemeinwesen durch einen zunehmenden Patriotismus in unserer Gesellschaft bedroht wird – den eine betrunkene Jugend auf Sylt genauso auslebt wie die vielen Fußballfans, die sich trotz des Madigmachens unserer Flagge nicht von einem selbstbewussten Schwenken von Schwarz-Rot-Gold abbringen lassen.
Das Vorgehen gegen den Kopf der Identitären Bewegung schien auch deshalb von besonderer Dringlichkeit für Faeser, weil er sich als ein charismatischer, überzeugender und mitreißender Anhänger der Philosophie über eine forcierte Remigration und Rückführung ausreisepflichtiger Personen beweist – der auch diejenigen im Zweifel von der Notwendigkeit einer Veränderung erfassen kann, denen bislang der Ernst der Lage unseres multikulturellen Miteinanders mit all seinen dramatischen Folgen nicht bewusst ist. Als Teilnehmer am sogenannten Geheimtreffen am Lehnitzsee, auf welchem unter anderem auch Vertreter der AfD, der WerteUnion und der Wirtschaft anwesend waren, schien er ein willkommenes Opfer für totalitäre Gängelung, Repression und Tyrannei. Dass sich Sellner mit seinen Positionen konsequent auf dem Boden unserer Verfassung bewegt, erfahren wir bei einer unvoreingenommenen Lektüre von Art. 16a und Art. 116 GG. Das Gewährleisten des Fortbestands unserer Totalität ist der dort formulierte Auftrag, welcher sich nur dann verwirklichen lässt, wenn wir wieder zur exakten Auslegung der Bedingungen für einen Anspruch auf Asyl zurückkehren. Mittlerweile erleben wir stattdessen einen immer dynamischeren Kontrollverlust ohne Beispiel. Denn dass sich an manchen Orten zwischen 66 und 95 Prozent der hier Ankommenden ohne eine begründete Bleibeperspektive illegal Zutritt auf den deutschen Boden verschafft haben, kommt nicht nur einer Flutung unserer Gesellschaft mit Flüchtlingen ohne einen erkennbaren Status gleich. Sondern es ist auch diese Praxis der Laxheit, welche zu einem sukzessiven Umbau unserer abendländischen Kultur in eine neue Wesenseinheit beiträgt. Hiervor hat der auch in den Sozialen Medien als Influencer auftretende Wiener schon früh gewarnt. Und wie es nun einmal in sich anbahnenden Diktaturen nur allzu gewöhnlich ist, sollen im Zweifel diejenigen mundtot gemacht werden, die die Wahrheit aussprechen. Eine völkische oder nationalistische Orientierung ist weder für ein Parteienverbot noch für die Einschränkung der Freizügigkeit eines EU-Bürgers hinreichend. Dies haben die Richter ausdrücklich unterstrichen – und bereits deutlich gemacht, dass angesichts der Offensichtlichkeit eines willkürlich verhängten Banns auch ein etwaiger Widerspruch oder das Anrufen der nächsten Instanz höchstwahrscheinlich erfolglos bleiben wird.
Dass sich die brandenburgische Landeshauptstadt nun dazu entschieden hat, keine Beschwerde gegen den Entschluss einzulegen, macht den Sachverhalt zu einer exemplarischen Klatsche für die besonders Korrekten in unserem Machtapparat. Denn so einfach, wie sie sich ihre Direktive vorgestellt haben, läuft es dann eben doch nicht in einem noch in Teilen funktionierenden Rechtsstaat, bei dem es eindeutige Belege und konsistente Nachweise dafür braucht, dass von einer Person ein konkretes Unheil ausgeht. Nachdem Sellner aber im Gegensatz zu ungebetenen Gästen in der Regel kein Messer mit sich führt, sondern allenfalls eine Zahnbürste, dürfte die Abwägung über die Legalität des Erlasses einigermaßen leicht gemacht haben. Schon Karlsruhe hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass eine Gesinnung, Ideologie oder Meinung in einer Demokratie nicht untersagt werden können. Die Freiheit zur Artikulation der eigenen Überzeugung geht trotz der Versuche zur Neudefinition von Normen durch Haldenwang und Faeser bis hin zur eindeutig definierten Strafbarkeitsgrenze. Der 35-Jährige fordert mit seinem Konzept eine Wiederherstellung der Regelhaftigkeit, die die ausdrückliche und individuelle Verfolgung des Einzelnen in seiner Herkunftsregion zur unbedingten Voraussetzung für die Gewährung von Schutz macht. Dass in dieser und der letzten Dekade immer mehr Menschen auf unseren Kontinent vorgedrungen sind, die ausschließlich nach einem besseren sozialen und wirtschaftlichen Lebens streben, offenbart die völlige Entkopplung von diesem Standard. Personen, die im Rahmen der Fluchtmigration Deutschland zur Destination erklären, müssen in einem intakten Ordnungsgefüge prinzipiell jederzeit mit einer Abschiebung rechnen, wenn sich herausstellen sollte, dass der Grund für Obdach entfallen ist – oder zu keinem Zeitpunkt bestand. Hier geht es dann auch weniger um den Grad an bereits absolvierter Integration, welcher in diesen Tagen ohnehin massiv rückläufig ist. Aus dieser Konstellation hat sich ein Zustand ergeben, der nicht nur unsere Prinzipien auf den Kopf stellt. Viel eher ist es auch der Verlust an jeglicher Autochthonie, also die über Jahre hunderte gewachsene Tradierung, Ursprünglichkeit und Provenienz einer mehrheitlichen Gruppe an einem angestammten Platz, welche auf dem Spiel steht. Dies kann und darf sich keine Nationalität auf diesem Globus bieten lassen. Denn die Unversehrtheit eines Verbundes ist nicht nur völkerrechtlich garantiert. Entsprechend notwendig ist die Mahnung des studierten Philosophen an uns alle, sich nicht der Mentalität der Selbstaufgabe hinzugeben.