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Heute Mann, morgen Frau: Das Chamäleon wäre neidisch auf „Transpersonen“!

Kommentar von Dennis Riehle

Als ich mich vor ein paar Tagen mit einem Freund traf, um auf unsere fünfjährige Bekanntschaft anzustoßen, kamen wir im Verlauf des Gesprächs auch auf die Politik – und nicht zuletzt die gesellschaftlichen Missstände in unserem Land. Er fragte mich mit ein wenig Unverständnis, wie es denn in einem souveränen Staat sein könne, dass während der Fußballweltmeisterschaft die eigene Flagge verpönt sei – im Zweifel aber der Regenbogen überall gezeigt werden dürfe – und explizit auch solle. In diesem Zuge erwähnte ich zufällig und beiläufig meine gleichgeschlechtliche Orientierung. „Das hattest du mir bisher noch gar nicht gesagt, dass du schwul bist“, entgegnete mir mein Gegenüber – und schob noch die Anmerkung nach: „Auf diese Idee wäre ich überhaupt nicht gekommen, denn du bist so normal“. Was ich als ein Kompliment verstand – und bei uns beiden ein Schmunzeln auslöste, ließ mich mit ein wenig Abstand nachdenklich werden. Was hat die LGBTIQA-Bewegung aus all den Errungenschaften gemacht, die über viele Jahrzehnte von denjenigen erkämpft wurden, die sich für weniger Vorurteile und mehr Gleichberechtigung von Homosexuellen einsetzen – aber sicherlich nicht für eine Ideologisierung ihrer Privatsphäre? Heute gilt man nicht mehr als „gay“, sondern wird ohne Pardon von denjenigen vereinnahmt, die sich unter dem schwammigen Terminus der „Queerness“ versammeln – und mit diesem aufgeladenen Kampfbegriff gegen jegliche Sittlichkeit, Expressivität und Redlichkeit zu Felde ziehen. Mittlerweile „demonstrieren“ sie nicht mehr nur auf schrillen, obszönen und skurrilen Paraden in Lack, Leder und Schweinskostümen. Sondern sie politisieren ihre Weltanschauung einer grenzenlosen Vielfalt und Selbstbestimmung, in der die natürliche Regelhaftigkeit keinen Platz mehr hat – sondern die lebenslange Sinnsuche zu einer Tugend wird, welche vor allem denjenigen zugutekommt, die das fortwährende Schippern auf dem Meer des Pluralismus einem vor Anker Gehen in einem Hafen der Kongruenz vorziehen. Unsere Öffentlichkeit hat den Freiheitsbegriff ad absurdum geführt, weil zunehmend weniger Menschen daran interessiert und in der Lage sind, sich auf eine Authentizität festzulegen – die sie sodann auch mit Rückgrat und Überzeugung vertreten.

Es mag die Versuchung der Unbedingtheit und Unverbindlichkeit sein, welche sie davor zurückschrecken lässt, zwischen dem evolutionär gegebenen Sexus mit seinen unumstößlichen Körpermerkmalen einerseits und dem Agnoszieren als ein Individuum mit deckungsgleicher Empfindung andererseits eine Harmonie herzustellen. Einmal ganz abgesehen davon, dass es zur Taktik gehört, Identität und Orientierung durcheinander zu bringen und bewusst zu verschmelzen, fehlt es in Zeiten eines transhumanistischen Gebarens am Respekt vor der schöpferischen Ordnung und Klassifizierung, die uns im Regelfall bereits bei der Geburt unmissverständlich eine Abstammung und Rolle zuschreibt. Man will das System der Binarität auch deshalb überwinden, weil man mit sich selbst nicht im Reinen ist. Doch allein aus der Tatsache heraus, dass manch ein Mitbürger wohl bis zum Sanktnimmerleinstag braucht, um sich von seinem Dasein als Chamäleon zu verabschieden – und seinen Seelenfrieden mit einer gottgegebenen Funktion schließen zu können, darf es sich eine Gemeinschaft nicht leisten, auch noch den kleinsten gemeinsamen Nenner der biologischen Eindeutigkeit abzulegen – und damit jeden Maßstab preiszugeben, auf den sich die Gruppe berufen und auf ihn verweisen kann. Eine Mentalität der Flexibilität passt nicht zu einem demokratischen Gemeinwesen, welches bewusst und explizit zwischen Liberalismus und Anarchismus unterscheidet. Beliebigkeit kann kein verbindender Wert sein. Stattdessen öffnet er Tür und Tor für Missbrauch, Entsolidarisierung und Berührungsängste. Denn wie soll man künftig noch unbelastet, zugewandt und ehrlich miteinander in Kontakt treten, wenn der Andere schon im Vorfeld damit droht, die juristische Keule der Diskriminierung auszupacken – falls man ihn/sie/es mit dem falschen „Pronomen“ anspricht? Ein Verbund kommt nicht um ein Minimum an Verlässlichkeit umhin, um seine Funktionalität zu gewährleisten.

Wenn aktuell bereits die ersten Strafandrohungen ausgesprochen werden, weil in den weiblichen Abteilungen der Bäder, Saunen und Toiletten keine Männer vorgelassen wurden, die sich kurzerhand dafür entschieden haben, heute zur Frau zu mutieren – um morgen wieder zurück zu wechseln, sind wir von der Konsensfähigkeit unserer Sozietät weiter entfernt denn je. Letztlich darf sich ein Kollektiv nicht auf die Erpressung einlassen, wenn der moralinsaure Tränenfluss einer Spezies eine etwaige Stigmatisierung, Benachteiligung und Ausgrenzung beklagt. Für mich selbst war stets klar, dass ich mich weder in einer Community oder Szene von der Allgemeinheit segregieren werde – doch darauf bedacht bin, aus meiner intimsten Veranlagung und Zuneigung eine Religion zu machen. In meinem Zimmer wird in den nächsten Wochen Schwarz-Rot-Gold prangen – und ich werde große Mühe haben, mir eine Mannschaft anzusehen, die in pinkfarbenen Trikots einen Knicks vor dem Wokismus macht. Wer in einer demonstrativen, provokativen und konfrontativen Monstranz seine höchstpersönlichen Angelegenheiten durch die Gegend trägt und dem Unbekannten in der Fußgängerzone obsessiv auf die Nase bindet, darf sich über wachsende Ressentiments nicht wundern. Denn subjektive Befindlichkeiten sind kein Anknüpfungspunkt für ein Volk, das sich nicht einmal einvernehmlich darauf einigen kann, auch in Zukunft als ein mehrheitlich autochthones Gefüge zusammenzubleiben und Kante zu zeigen. Es ist der Anspruch an Hypertoleranz von verirrten Seelen, die noch immer im Nebel der unendlichen Möglichkeiten stochern, weil man ihnen in der Erziehung eingetrichtert hat, sie sollten sich auf nichts einlassen, was ihrer übersensiblen Gefühlswelt zuwiderläuft. Wer sich deshalb einer Definition verweigert – und als glitschiger Aal durch jedes Pflichtbewusstsein zur Anpassung gegenüber Ethik, Normen und Konventionen hindurch rutscht, kann nicht darauf bauen, dass sich der Rest als psychotherapeutische Couch bereitstellt. Stattdessen steht es uns zu, eine Universalität einzufordern und abzuverlangen, die alternierende Interessen über die individuellen stellt.

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