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Gastkommentar von Kevin Eßer: BRICS plus und der „Werte-Westen”

Der offensichtliche Showdown um die neue Weltordnung (Teil 1)

von Kevin Eßer

Obwohl die Einführung einer rohstoff- oder goldgedeckten Handelswährung ein deutlich komplexerer und langwierigerer Prozess ist als gedacht, sind die BRICS-plus-Staaten fest entschlossen, diese Infrastruktur aufzubauen. Bereits auf dem BRICS-Gipfel 2009 beschlossen sie, eine solche Handelswährung zu entwickeln, und arbeiten seither daran, neue Partner zu akquirieren. Es wird gemunkelt, dass auch EU-Staaten (Beispiel Ungarn) durchaus interessiert sind.

BRICS plus, das sind nach heutigem Stand Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Gründe für diese Bemühungen sind klar: 

Eine solche Währung wäre ein scharfes Schwert im Konflikt mit den USA.

Die USA haben sich von der regelbasierten Ordnung vollständig entfernt und nutzen die Macht des Dollars als Weltleitwährung, um sich auf Kosten Anderer zu bereichern. 

Die USA profitieren vom sogenannten “Exorbitant Privilege”, das es ihnen ermöglicht, durch die Ausgabe von US-Dollar Handelsdefizite zu finanzieren. Andere Länder sind gezwungen, Dollar-Reserven zu halten und in US-Wertpapiere zu investieren, was die Nachfrage nach dem Dollar hochhält – und den USA erlaubt, ihre Währung zu drucken, ohne sofortige Inflation zu verursachen. 

Dies führt dazu, dass die USA Waren und Dienstleistungen importieren können, während sie lediglich ihre eigene Währung ausgeben.

Zusätzlich setzen die USA den US-Dollar ein, um ihre politischen Interessen durchzusetzen, beispielsweise durch Sanktionen gegen Länder wie Iran und Russland. Diese Maßnahmen untergraben die wirtschaftliche Stabilität der betroffenen Nationen erheblich und zwingen sie, ihre politischen und wirtschaftlichen Strategien anzupassen.

Diese geopolitischen Maßnahmen verdeutlichen, wie die USA ihre wirtschaftliche Macht nutzen, um politische Ziele zu erreichen. Wahre regelbasierte Diplomatie findet fast nur noch mit Partnern statt, die zu mächtig sind, wie China, oder sich auf Linie befinden, wie Japan, Südkorea und die Europäische Union. 

Politische und kriegerische Konflikte sind damit eigentlich Siamesische Zwillinge, weil geopolitische Machtkämpfe häufig sowohl ökonomische als auch militärische Dimensionen haben. Das Beste für die USA ist, dass die Länder, die nach Freiheit und Selbstbestimmung streben, alle Kosten tragen. Der Ukraine-Konflikt, der Taiwan-Konflikt und der Nahost-Konflikt sind hier, so betone ich, keine rein kulturellen Konflikte, sondern stehen im Kontext des geopolitischen Schachspiels.

Die Länder in BRICS+ sind hinsichtlich ihrer politischen Systeme und wirtschaftlichen Entwicklungsstufen sehr heterogen, jedoch muss man konstatieren, dass sie sich hinsichtlich der Ablösung der derzeitigen Weltordnung absolut einig und fest entschlossen sind, diesen Weg zu gehen, wie auf den jüngsten Gipfeltreffen immer wieder betont wurde.

Die Russische Föderation hat die Bevormundung und Knechtschaft durch den US-Dollar am eigenen Leib erfahren und wurde zum Opfer eines Exempels des gesamten „Werte-Westens”, in dem ihre Auslandsguthaben eingefroren und vom internationalen SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen wurden.

Russland ist insbesondere seit 2014, nach den ersten Sanktionen im Zuge der Krim-Annexion, dabei, sich daraus Schritt für Schritt zu befreien, indem es seine Abhängigkeit vom US-Dollar reduziert und alternative Handelspartner findet. 

Der Ukraine-Konflikt kann als Teil dieser Strategie gesehen werden, da Russland versucht, seine geopolitische Position zu stärken und unabhängiger vom westlichen Einfluss zu werden.

Die BRICS+-Staaten haben jedoch nach wie vor ein enormes Problem: Trotz der übermächtigen Rohstoffvorkommen sind die Länder in der Falle des US-Dollars gefangen, da viele internationale Transaktionen und Schulden in US-Dollar denominiert sind, was bei Wechselkursschwankungen zu wirtschaftlichen Instabilitäten führen kann.

Während die USA ihre geopolitischen Ziele, seit mehr als 30 Jahren konsequent verfolgt haben und die Bilanz überwiegend positiv ausfällt, weil sie ihre Macht des Kapitals, des Wissens und der Infrastruktur geschützt und ausgebaut haben. Beispiele hierfür sind das Silicon Valley als globales Zentrum für Innovation und Technologie sowie die Wall Street als führender internationaler Finanzhub, ganz besonders auch der Rating Agenturen. 

Des Weiteren gibt es die Theorie, dass einige Ökonomen und Analysten, wie etwa Peter Schiff und Michael Burry, absichtlich die Blasenbildung mit billigem Geld zugelassen haben, um diese später wieder zum Platzen zu bringen: Die FED wird erst die Zinsen senken, wenn das Ziel erreicht wurde – anders lässt sich das spieltheoretisch auch kaum nachvollziehen (Steuersenkung, enorme Neuverschuldung und dabei die vergleichsweisen historisch hohen Zinsen).

Ein Minsky-Moment bezeichnet eine plötzliche Marktkrise nach einer langen Phase steigender Vermögenspreise und exzessiver Verschuldung.

Die BRICS+-Staaten haben diese Strukturen noch nicht in Gänze. Stichwort NDB (New Development Bank) / SCO (Shanghai Cooperation Organization), und ihre Unternehmen sind nicht so profitabel oder produktiv wie die westlichen Unternehmen. Sie sind teilweise hochverschuldet in US-Dollar, was die Schuldentragfähigkeit für eine Volkswirtschaft übersteigen oder zumindest problematisch werden lassen könnte. Dies wäre gegebenenfalls mit einem oben genannten Minsky-Moment verbunden, auf den die USA gut vorbereitet hinarbeiten, um den „Great Reset” für die Vereinigten Staaten von Amerika und den „Werte-Westen” durchzuführen und sich so für einige weitere Jahrzehnte lang die Vormacht zu sichern. 

Anders als im vergangenen Jahrhundert, als unkontrollierte Ereignisse wie in Teilen der Erste und Zweite Weltkrieg, zu massiven und oft unvorhergesehenen Machtverschiebungen beitrugen, wird heute ein strategisch geplanter und koordinierter Neustart der globalen Wirtschaftsordnung angestrebt. 

Die USA versuchen, ihre Hegemonialmacht durch verschiedene Maßnahmen mittelfristig zu sichern. Dies beinhaltet die Beibehaltung der Dominanz des US-Dollars, die Kontrolle über internationale Finanzinstitutionen wie den IWF und die Weltbank, sowie gezielte geopolitische Strategien, um ihre wirtschaftlichen und militärischen Interessen zu wahren. Spieltheoretisch betrachtet könnte man dies als eine Strategie sehen, bei der die USA ihre wirtschaftliche und politische Macht konsolidieren, um unkontrollierte Machtverschiebungen zu verhindern. 

Dies könnte durch gezielte Interventionen in Finanzmärkte, die Kontrolle über globale Handelsrouten und die Nutzung von Sanktionen gegen wirtschaftliche Rivalen erreicht werden. Die Theorie der Blasenbildung mit billigem Geld, wie sie von Ökonomen wie Peter Schiff und Michael Burry vorgeschlagen wird, könnte ein Teil dieses Konzepts sein, um wirtschaftliche Instabilitäten zu erzeugen und sodann durch kontrollierte Maßnahmen die eigene Position zu stärken. Der Minsky-Moment könnte in diesem Kontext genutzt werden, um die globalen Machtverhältnisse zu beeinflussen und zu stabilisieren.

Ein weiteres Problem, das beispielsweise die Chinesen haben, ist der demografische Wandel, der sich enorm beschleunigt. Laut Schätzungen wird die chinesische Bevölkerung bis 2050 um etwa 28 % schrumpfen, was massive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben, könnte. In Indien wird genauso umfangreich investiert wie einst in China, aber auch dort bestehen Risiken, wie etwa eine unzureichende Infrastruktur und soziale Ungleichheiten. 

Es ist eine spannende und gefährliche Zeit. Eines scheint aber auch klar: 

Egal, wer in den USA Präsident wird, ob Harris oder Trump: Auch wenn Trump für die Welt als auch für die freiheitlichen und konservativen Kräfte ein Segen wäre, er wird amerikanische, keine deutschen und auch keine europäischen Interessen vertreten. Diese Interessen wären nur in Teilen und mit Einschränkungen für Deutschland und Europa gut; in allererster Linie wird maximal Amerika davon profitieren.

Und falls die USA sich in Stellung bringen für eine multipolare Weltordnung, während Deutschland und Europa immer noch dem Werte-Westen nach dem System einer unipolaren, US-geprägten Welt hinterherhecheln, stehen wir blank ohne Kleider da, komplett deindustrialisiert. Es würde mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen, wieder anschlussfähig zu sein.

Gerade auch mit Blick auf die dritte globale Kraft – den alte Kommunismus mit neuem Deckmantel, der ebenfalls mehr oder weniger verdeckt mitspielt -, die eine Weltordnung vorsieht, welche die Menschen ohne Banner/Nationen und Grenzen zu Vereinen, mit totalitären Strukturen macht, wäre im nationalen und kontinentalen Zusammenspiel ein Weckruf bitter notwendig.   

Was bedeutet das für Deutschland und Europa?

Die Bundesrepublik Deutschland und die europäischen Partner wären gut beraten, sich vom sozialistischen Gedankengut zu verabschieden und sich von den USA zu emanzipieren, indem sie ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen diversifizieren und eine unabhängige Außenpolitik verfolgen. Sie sollten ihre eigenen Interessen regelbasiert vertreten und sich für Freihandel und Frieden einsetzen. Andernfalls könnte Europa nicht nur ins Hintertreffen geraten, sondern auch zu einem Schlachtfeld ökonomischer und kriegerischer Natur werden. Gerade für die Bundesrepublik Deutschland sollte man sich stärker mit den libertären Überlegungen von Dr. Markus Krall oder Javier Milei befassen, um nicht in der Neuordnung des Great Reset aufgerieben zu werden.

Ein Weckruf: Weg vom derzeitigen sozialistischen Zeitgeist, hin zur Österreichischen Schule wie Mises, Hayek und Co., sowie zu einem starken und kulturell verbundenen Deutschland – und zu einem Europa der Vaterländer. 

Autor: Kevin Eßer (Twitter / X: @Ess36Kev)