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Esken und Klingbeil geschichtsvergessen Hand in Hand: Das SPD-Führungsduo hat Nachholbedarf in Sachen deutscher Vergangenheit!

Kommentar von Dennis Riehle

Es gibt Prominente, die auch deshalb nicht in die Wahrnehmung anderer Menschen treten, weil sie als Vorsitzende einer Partei vor größtmöglicher Überheblichkeit strotzen, die bei der Europawahl ihr bisher schlechtestes Ergebnis noch einmal unterbietet – aber gleichzeitig an einem „Weiter so“ festhält. Und so ist auch Lars Klingbeil nicht unbedingt eine Persönlichkeit, die in der Vergangenheit durch allzu große Erfolge, Fachlichkeit oder Repräsentanz aufgefallen ist. In Erinnerung sind die legendären Auftritte in weißen Sneakers – und sein kumpelhaftes Verhältnis zum Drei-Euro-Döner-Mann aus seiner SPD. Wahrscheinlich lässt sich sein legendärer Auftritt in der Spitzenrunde der politischen Wettbewerber im Sender N-TV aus diesem Jahr gerade auch mit dieser eher kargen Leistungsbilanz erklären. Da hat sich wohl eine Menge an Verbitterung, Enttäuschung und Frustration angesammelt, wenn sich der Sozialdemokrat in Kontinuität zu seiner Co-Chefin für einen unhaltbaren Vergleich hergibt – und damit alle Hüllen von Anstand, Respekt und Würde fallen lässt.

War es doch Saskia Esken, die in einem Interview mit dem österreichischen ORF eine Parallele zwischen der Alternative für Deutschland und Goebbels hergestellt hatte – und trotzdem nicht strafrechtlich verfolgt wird. Jetzt machte es ihr der sich in früheren Zeiten selbst als Antifaschist bezeichnende Soltauer kurzerhand nach – und bezeichnet die AfD in Pauschalität auf offener Bühne als Nazis. Seine ausbleibende Differenzierung lässt darauf schließen, dass er mit seinen Worten nicht nur die Politiker der Blauen meinte, sondern auch alle Unterstützer, Sympathisanten, Mitglieder und Funktionäre. Dass aufgrund dessen die Empörung von Alice Weidel mehr als verständlich ist, sollten zumindest diejenigen nicht leugnen, die noch ein gewisses Ehrgefühl gegenüber der Geschichte haben. Die Herrschaft der Nationalsozialisten endete im Jahr 1945. Und sie wird auch nach einem Gepöbel von postpubertierenden Studenten auf Sylt nicht zurückkehren.

Was hinsichtlich dieses inflationären Gebrauchs von Vokabeln aus dunkelster Vergangenheit geschieht, ist im Grunde nichts Anderes als eine weit fortgeschrittene Paranoia – in der verhaftet es offenbar auch möglich erscheint, eine halluzinatorische Wiederauferstehung von verbrecherischen Führungspersonen zu durchleben. Schlussendlich muss man eine fehlende kognitive Flexibilität attestieren, wenn ein Mensch nach dem desaströsesten Resultat für die Politik seiner eigenen Kraft seit langem eine weiter absinkende Lernkurve zur Schau stellt. Denn was jedem mit etwas Verstand gesegneten Beobachter allzu schnell einleuchten dürfte, scheint dem aus einer Soldatenfamilie stammenden Ex-Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung verschlossen zu bleiben. Das Eindreschen auf einen Gegner, dem man allerdings inhaltlich und argumentativ kaum etwas entgegenhalten kann, führt am Ende genau zum gegenteiligen Effekt dessen, was man sich erhofft hat.

Letztendlich erweist Klingbeil seiner Zunft einen Bärendienst, weil er es nach einer unmissverständlichen Klatsche noch immer nicht begriffen hat, dass Brandmauern, Diffamierung und Ausgrenzung nicht funktionieren – und vom Souverän in der Regel mit einer Solidarisierung goutiert werden, die eigentlich nicht im Sinne des Erfinders der kollektivpsychotischen Repression, Gängelung und Tyrannei war. Denn es widerspricht der behäbigen Mentalität eines an sich friedfertigen Deutschen, dass sich erwachsene Vertreter demokratischer Kräfte nicht einmal mehr zu schade dafür sind, das Gegenüber als Hitler-Nachfolge darzustellen – und sich damit einem zutiefst verwerflichen, revisionistischen und entlarvenden Gebaren schuldig zu machen, das besonders schwer wiegt. Selbstverständlich kann man bei den wegschwimmenden Fällen durchaus nachvollziehen, dass derjenige nur noch mit Schmutz und Dreck um sich werfen kann, welcher als Frontmann der Kanzler-Partei für den Niedergang seiner Genossen maßgeblich mitverantwortlich ist.

Dennoch rechtfertigt nichts derart plumpe, dreiste und trotzige Ausflüchte in die dunkelsten Kapitel der Menschheit. Wenn sich die Gesellschaft mehrheitlich wieder danach sehnt, ihr immanentes und heimatliches Gefilde mit Stolz zu hofieren, dann fährt jener die unglücklichste Strategie, der sich in einer linksradikalen gesinnten Generalisierung des zweitstärksten Wettbewerbs auf dem Tableau versteigt. Schließlich kann man einen Akteur nur ans äußerste Ende der zweipoligen Skala positionieren, der Millionen Bundesbürger kurzerhand zu weltanschaulichen Abkömmlingen der bestialischsten Massenmörder in der Planetenhistorie degradiert. Es mag sein, dass die Nerven mittlerweile blank liegen bei allen Verfechtern einer pluralistischen Utopie – die eben auch deshalb nicht mehr verfängt, weil sie den mündigen Wählern mit dem Leierkasten der rechtsextremistischen Bedrohung gehörig auf den Geist gehen. Natürlich kann man Schallplatten auch dann laufen lassen, wenn sie einen Hänger haben.

Niemand sollte sich allerdings wundern, wenn dann sogar das Stammklientel von diesem schlafwandlerischen Nachtzug abspringt – und gegebenenfalls sogar bereit dazu ist, den Schulterschluss mit denen zu suchen, die sich von einer Etikettierung durch ihre Feinde vom Establishment über die Medien, von den Gewerkschaften und Unternehmern, vom Verfassungsschutz oder den Kirchen, von Sportverbänden bis hin zu Prominenten nicht mehr beeindrucken lassen. Es ist schlichtweg eine menschliche Bankrotterklärung, ein charakterliches Versagen und ein Kontrollverlust über das politische Leben, wenn man sich mit einer an Verrohung und Abstumpfung kaum zu überbietenden Ideologie der Spaltung, Polarisierung und Volksverhetzung gemeinmacht. Klingbeil wird weiterhin in den Spiegel schauen können, weil ihm offenbar jedes Maß und Mitte abhandengekommen sind – und er offenkundig alles Gespür dafür verloren hat, wann man im Diskurs die Grenzen überschreitet.