Kommentar von Dennis Riehle
Man kann als Journalist durchaus Argwohn gegen eine Partei hegen. Denn auch wir Presseschaffenden sind Menschen – und haben deshalb eine Meinung. Und so schlummern in jedem von uns Präferenzen und Antipathien. Das ist so lange kein Beinbruch, wie man diese persönlichen Auffassung nicht allzu sehr in seiner Arbeit zum Ausdruck kommen lässt. Und sollte es einmal ein entsprechendes Bedürfnis sein, seine individuelle Sichtweise kundzutun, bietet sich hierfür das geeignete Format an – wie ein eindeutig gekennzeichneter Kommentar. Es gehört zu einer dieser Untugenden in der heutigen Publizistik, die verschiedenen Genres miteinander zu vermischen. Da gilt plötzlich ein Abgesang auf die AfD als Sachberichterstattung – und ein Faktenchecker checkt nicht etwa die Fakten, sondern er bringt unter dem Deckmantel der Seriosität und Objektivität seine ureigenen Behauptungen, Mutmaßungen und Postulate unter die Bevölkerung. Besonders anfällig für ein Verwässern der unmissverständlichen Trennlinien ist unter anderem auch der ÖRR. So verkauft man uns aktuell die „Analyse“ einer Redakteurin aus dem Hauptstadtstudio des Ersten als konsequente Information statt plumpe Propaganda – obwohl diese in größter Voreingenommenheit attestiert, dass die Alternative für Deutschland vor drei Scherbenhaufen stehe. Mit einem Blick in die Glaskugel sagt uns die Autorin zumindest hinter vorgehaltener Hand voraus, dass sie deshalb wohl viele Stimmen bei den kommenden Abstimmungen verlieren dürfte. Eine tendenziöse Einmischung in den Wahlkampf gibt es mittlerweile zur Genüge. Und die Systempresse ist in diesem Unterfangen ganz vorne mit dabei. Besonders augenscheinlich war dies wohl bei der Skandalisierung eines Flugblattes in der Jugend von Hubert Aiwanger der Fall, aus dem eine Affäre kurz vor dem Urnengang in Bayern konstruiert wurde – um denjenigen Bürgern zu infiltrieren, der mit dem Gedanken gespielt hatte, sein Kreuz bei den Freien Wählern zu setzen. Doch diese Mission ging bekanntermaßen deutlich schief. Und so dürfte es auch dem Befund der Tagesschau ergehen. Denn was sich die Kollegin dort aus den Fingern saugt, bedarf bei einem gesunden Menschenverstand durchaus einer Vielzahl von intakten Hirnwindungen, um am Ende tatsächlich zu dem Ergebnis zu gelangen, dass die Blauen eigentlich in Trümmern liegen.
Verfolgt man allerdings die Umfragen in diesen Tagen, so erkennt man kaum etwas von einem Abwärtstrend dieser ungeliebten kritischen Opposition. Stattdessen ist man nach einem vorläufigen Tiefpunkt wieder durchgestartet – und steuert in manchen Erhebungen erneut auf 20 Prozent zu. Denn weder im EU-Parlament widerfährt der zu neuer Stärke auftrumpfenden Kraft ein Desaster. Noch scheint es mit Blick auf die täglich frischen Meldungen über die Aufhebung der Immunität von Björn Höcke irgendeine Wegwendung des Souveräns von der AfD zu geben. Viel eher kann man zu der nüchternen Bilanz gelangen, dass immer mehr Menschen das zu durchschauen vermögen, in was sich eine stetig wachsende Zahl an Kolumnisten probiert – nämlich die Manipulation des politischen Bewusstseins des Einzelnen. In Brüssel hat man aus eigener Anstrengung heraus eine Fraktion gebildet – die zwar demjenigen nicht schmecken wird, der sich ohnehin auf einem paranoid anmutenden Kurs in der Furcht vor dem Wiedererstarken von Faschismus und Nationalsozialismus verliert. Zweifelsohne war das Auftreten und Agieren des Bundesvorstandes nach den zum falschen Moment gewählten Worten von Maximilian Krah hinsichtlich der Schuld von einzelnen Mitgliedern der SS auch deshalb nicht wirklich vorbildlich, weil man sich von Marine Le Pen erpressen ließ – und damit die Impression entstand, man mache sich vom Leumund aus dem Ausland abhängig. Ohnehin gibt es bei der Alternative für Deutschland noch gewissen Nachholbedarf, was die Kommunikation nach innen und außen angeht. Da werden interne Querelen zu sehr auf offener Bühne ausgetragen – und Feindseligkeit und Gehässigkeit zwischen den Strömungen nicht etwa hinter verschlossenen Türen ausdiskutiert. Sondern man schafft mit der missbräuchlichen Nutzung des Parteiausschlussverfahrens Realitäten, die den faden Beigeschmack von allzu viel Egozentrik, Machtgier und Selbstprofilierung einiger Funktionäre haben.
So sollen ordnungsgemäß bestimmte Granden wie der angesehene Bundestagsabgeordnete Helferich mit der Entziehung von Mitgliedsrechten mundtot gemacht werden, um gleichzeitig diejenigen an wichtigen Schaltstellen unterzubringen, die sich noch immer im Kontinuum zum früheren Vorsitzenden Jörg Meuthen verstehen – und einen moderaten, wirtschaftsliberalen und an den Zeitgeist angepassten Wertkonservativismus verfolgen, der ohne allzu zu Identität, Nationalstolz oder Patriotismus auskommt. In diesen tiefen Gräben liegt tatsächlich eine Herausforderung. Doch man sollte auch hier nicht über das Stöckchen springen, welches von einem Muckraker hingehalten wird. Denn nicht nur die Gesinnungsjustiz gegen den thüringischen Frontmann Höcke ist ein durchschaubares Manöver des Kleinhaltens eines ungeliebten Kontrahenten durch die Handlanger des Establishments. Auch der wiederkehrende Vorwurf einer Radikalität der AfD basiert auf tönernem Fundament. Schließlich sollte der mündige Beobachter mittlerweile auf den Trichter gekommen sein, dass die Abstempelung durch den Verfassungsschutz nicht etwa auf belegbaren Tatsachen beruht. Die Begründung für die Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall greift auf ein unzulässiges Instrument der Pauschalisierung zurück. Denn singuläre Aussagen aus den Reihen der Alternative für Deutschland sind nicht zwingend repräsentativ – und dazu geeignet, eine stringente, konsequente und prinzipielle Annahme zu generalisieren. Mit zahlreichen der ihr angelasteten Konzepte wie jenes zur Remigration steht sie unverrückbar auf den Füßen unseres Grundgesetzes. Immerhin hat die Bundesrepublik nicht etwa ein Problem mit nationalistischer Gewalt, sondern mit einer ausufernden Kriminalität von „Schutzsuchenden“. Und so verfängt der Beitrag der ARD-Haltungsjournaille allenfalls als simples Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Missständen in unseren Gefilden. Für den distanzierten, skeptischen und kritischen Leser entpuppt er sich jedoch als Rohrkrepierer – der dem Feind einen Bärendienst erweist.