Kommentar von Dennis Riehle
Wäre es nicht so heuchlerisch und verlogen, dann könnte man gerade in der Vorweihnachtszeit Gefühle entwickeln für die vermeintlichen Sorgen von Friedrich Merz in den sozialen Medien, der sich als Großvater und Opa stilisiert, wenn er über eine bessere Zukunft für alle Kinder und Enkel nachdenkt. Zu seiner Strategie im Vorfeld der Neubesetzung des Bundestages gehört es offenbar auch, in den unterschiedlichen Formaten und verschiedensten Plattformen auf die Tränendrüse zu drücken – und durch eine Vielzahl an Veröffentlichungen die Botschaft einer rigorosen Wende nach dem 23. Februar 2025 zu platzieren. Er faselt von Freiheit und Frieden, obwohl er doch derjenige ist, der keine Berührungsängste vor einer möglichen Atomkrieg hat. Und auch seine vehemente Liebe zu den Grünen lässt sich nicht verbergen, mit denen es zwangsläufig zu einer weiteren Beschneidung von Eigentumsrechten, einem Kampf gegen die unbehelligte Meinung und Rede sowie einem sozialistischen Kahlschlag der Marktwirtschaft kommen wird. Ein Bündnis mit Olaf Scholz schließt er kategorisch aus. Und damit scheint der Weg geebnet für die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine, samt einer weiteren militärischen Eskalation zwischen Kiew und Moskau – die verheerende, gar existenzielle Folgen für die Völker hätte.
Es ist ein Verrat an jedem Bürger, sich als Kanzler der Hoffnung und Zuversicht aufzuspielen, wenn man bereits weit vor dem Abstimmungssonntag Bündnisse schließt, die zwangsläufig auf eine konsequente Zuspitzung des geopolitischen Konflikts zwischen den Weltmächten hinauslaufen, zu denen die Bundesrepublik ebenso wenig gehört wie zu den wirtschaftlichen Vorbildern. Denn seitdem wir vom Exportweltschlager zur roten Laterne in Sachen Wachstum und Prosperität geschrumpft sind, gibt es keinen Anlass mehr, auf das „Made in Germany“ stolz zu sein. Ohnehin ist kaum etwas übrig von der Identität in ökonomischer, strategischer oder kultureller Hinsicht, die auch ein CDU-Vorsitzender nicht wirklich verteidigen oder schützen will, wenn er gestern von einer ziemlich instabilen Obergrenze bei der Migration spricht, heute von einer Abweisung jedes Flüchtlings am Schlagbaum. Zu den Tugenden des Sauerländer gehört Glaubwürdigkeit also keinesfalls. Und auch mit Blick auf Integrität, Ehrlichkeit und Verlass stellt sich der Abgeordnete und Fraktionsoberste nicht gerade elegant an. Denn sein Wesen zeichnet sich augenscheinlich durch einen ähnlichen starken Realitätsverlust aus, den der derzeitige Amtsinhaber im Kanzleramt durch pseudodementielle Vergesslichkeit erlebt.
Stattdessen ist sein Charisma geprägt von subtiler Überheblichkeit und einem staatsmännischen Getue, mit dem er sich bereits überhebt, ehe der Einzug in die Berliner Waschmaschine Wirklichkeit ist. Regelmäßig muss der Generalsekretär die Scherben aufkehren, die der Chef aus dem Konrad-Adenauer-Haus mit seiner langatmigen Interpretation des Parteiprogramms als Elefant im fragilen Porzellanladen namens Vertrauen und Authentizität hinterlässt. Manch einem Genossen aus den Reihen des zum ökosozialistischen Handlanger von Habeck verkommenen Christdemokraten scheint es mittlerweile sogar peinlich, wie tölpelhaft sich der Rechtsanwalt auf dem Parkett der Anbiederung Brantner, Baerbock und Banaszak an den Hals wirft. Seine Kontaktscham und der Ekel vor der AfD stoßen gerade in der Peripherie nicht wirklich auf Anklang. Denn vor Ort ist man mittlerweile der pragmatischen Auffassung, dass Brandmauern langfristig mehr schaden als eine konstruktive Zusammenarbeit in Sachfragen. Dieser Mentalität wird sich der eigentlich aus dem Schatten von Angela Merkel treten wollende Hüne aber nicht anschließen, der als Steigbügelhalter und Lobbyist für manch einen globalistisch Herrschwütigen im Hintergrund zu fungieren anmutet. Er handelt also als eine Marionette von Milliardären und Elitären, denen eine Verschwörung nicht fremd scheint.
Und weil er sukzessive reinen Tisch macht, indem er die linke Überholspur nutzt, um sich dem progressiven Lager doppelt und dreifach so schnell wie die ehemalige „Wir schaffen das“-Protagonistin als ein Bettvorleger vor die Füße zu werfen, dämmert es sogar den eingefleischten Konservativen in ihrem Dornröschenschlaf à la „Ich habe schon immer schwarz gewählt“. Insofern liegt es nun am Souverän, ob er sich von jemandem an der Nase herumführen lässt, dem schon vor einer Dekade anzumerken war, wie verzweifelt und verbittert er danach ringt, endlich an die Schalthebel der Macht zu kommen. Ihm geht es weniger um ein Deutschland in sicherem Fahrwasser, sondern um möglichst viel Provokation auf offener Bühne. Er fordert nicht nur den physikalischen Verstand heraus, wenn er weiterhin die Überzeugung vertritt, dass die Wärmepumpe auch nur ein Promille an Grad unserer irdischen Durchschnittstemperatur ändern könnte. Sondern er lässt auch jeglichen Respekt vor dem Gleichgewicht der Kräfte vermissen, wenn er in Arroganz wohl ernsthaft davon ausgeht, unsere durch den Ausverkauf an Selenskyj bis aufs letzte Hemd entblößte Truppe hätte auch nur für einen Moment die Chance, sich dem Aufmarsch des Kreml entgegenzusetzen. Wer diesen Mann auf den Boden der Tatsachen zurückholen will, der setzt sein Kreuz außerhalb der Etablierten – und den Angeber der Union in den einstweiligen Ruhestand.