Quelle: Clipdealer.de, B57321333, Erworbene Standardlizenz.

Die reine Protestpartei war gestern – heute wählt man die AfD aus voller Inbrunst!

Kommentar von Dennis Riehle

Man stelle sich demonstrativ in die Fußgängerzone und halte in einer schauspielerischen Manier Ausschau nach zufällig vorbeikommenden Passanten – um nach wenigen Sekunden einen Volontär aus dem Hut zu zaubern, der sie vor Kamera und Mikrofone stellt und den vom Chefredakteur gewünschten Text auswendig vorträgt. Etwa in dieser Art und Weise funktioniert Journalismus im Jahr 2024, der sich immer wieder auf die Fahnen schreibt, größtmögliche Vielfalt in unserem Land abbilden zu wollen. Was er dabei aber geflissentlich verschweigt, bleibt der profunde Anspruch, aus dem pluralistischen Angebot der Meinungen nur diejenigen herauszugreifen und darzustellen, die sich mit dem Zeitgeist vertragen – und im Zweifel nicht dazu führen, dass ein Politiker der Grünen in der Schreibstube durchklingelt und sein Missfallen über die Berichterstattung zum Ausdruck bringt. Das Selektieren von einzelnen Stimmen, bei denen man sich vorab versichert hat, dass sie entweder Anhänger der Ampel sind – oder Argwohn gegen alles Rechte hegen, hat mit den Ansprüchen an Vollständigkeit, Wahrhaftigkeit und Echtheit nicht viel gemein, welche ich in der Ausbildung als die wesentlichen berufsethischen Prinzipien an die Hand bekommen habe. Und so kann ich auch nicht allzu viel anfangen mit einem aktuellen Artikel aus der „Berliner Zeitung“, welche uns anhand von einigen eingefangenen O-Tönen die Botschaft schmackhaft machen möchte, dass das Gros der Wähler der AfD ihr Kreuz nicht etwa aus Überzeugung gesetzt habe, sondern weil sie sich dadurch einen Kurswechsel der Etablierten erhoffen. Lange hielt sich das Narrativ, eine Überzahl an Bürgern votiere nicht etwa aus Zustimmung an den Inhalten, sondern lediglich aus Protest. Und so muss man den Beitrag der Kollegin Anne-Kattrin Palmer mit einer größtmöglichen Vorsicht genießen, die sich offenbar in Marzahn unter blauen Sympathisanten ungehört hat – und im Resultat zu der Konklusion findet, bei der Alternative handle es sich lediglich um ein Sammelbecken von Enttäuschten und Frustrierten.

Ob sich diese Erzählung in Tagen tatsächlich noch halten lässt, in denen sich die Bundesrepublik am Anfang eines sukzessiven Übergangs von einer kulturellen Wesenseinheit in eine neue Identität zu befinden scheint, dürfte ungefähr genauso fraglich sein wie die Prozente in den diversen Umfragen, welche in aller Regel eine deutlich schlechtere Prognose abgeben, als es sich dann am Wahlabend tatsächlich herausstellt. Denn es braucht momentan tatsächlich viel Courage und Mut, sich öffentlich dazu zu bekennen, nicht nur eine Präferenz für eine medial und gesellschaftlich diffamierte politische Kraft in sich zu tragen, sondern sie tatsächlich aus Übereinkunft mit ihrer Programmatik in einer verantwortlichen Position der Macht sehen zu wollen. Immerhin hat sich nicht nur in den Erhebungen am 9. Juni erwiesen, dass sich ein horrender Kreis an Unterstützern der AfD nicht etwa deshalb für sie ausgesprochen hat, weil man dem Rest einen entsprechenden Denkzettel verpassen wollte. Stattdessen gab eine über die absolute Mehrheit hinausgehende Zahl an Menschen an, sie traue diesem einzigen Wettbewerber aus der kritischen Opposition abseits des Establishments eine fundamentale Trendumkehr zu. Gerade in den Anfängen einer Partei fehlt es oftmals an den typischen Bindungsstrukturen und einem sicheren Fundament für das Stammklientel, welches sich im Bewusstsein entschieden hat – und tendenziell nicht dazu neigt, zwischen den Angeboten zu wechseln. Und auch wenn es für eine politisch korrekte Systempresse nur schwer verdaulich scheint, dass die Fliehkräfte unter denjenigen zunehmend weniger werden, die beispielsweise nach Dekaden einer beständigen Fürsprache für die SPD, Grünen oder gar Linken zur Alternative für Deutschland umgeschwenkt sind, entpuppen sich die wiederkehrenden Versuche einer Verwässerung ihrer Stabilität und Kontinuität als durchschaubar und entlarvend. Denn das Runde lässt sich eben außerhalb des Fußballspiels auch dann nicht in das Eckige pressen, wenn es der ideologische Wunschtraum von progressiven Leitmedien so erwartet.

Dass die Tragfähigkeit eines Konkurrenten immer belastbarer wird, den das Einheitskonsortium nicht nur als Gegner, sondern zum Feind auserkoren hat – und mit Instrumenten der totalitären Repression, Gängelung und Tyrannei auch nach der Klatsche des Urnengangs zur Neubesetzung des Europäischen Parlaments weiterhin in größtmöglicher Hilflosigkeit zu unterdrücken, diffamieren und denunzieren bemüht ist, zeigt sich unter anderem auch daran, dass sich die majoritäre Allgemeinheit nicht mehr durch die inszenierten Skandale und überzogenen Affären beeindrucken lässt, welche die Regierung angestrengt an Mann, Frau und Diverse bringen will. Ob es nun die Verzerrungen, Falschinformationen oder Lügen sind, welche nach einem Geheimtreffen am Lehnitzsee eine vom Recherchezentrum „Correctiv“ über den Äther gesandte Schlagzeile in der Welt der aufgeschreckten Muckraker ausgelöst hat – und am Ende zu der abstrusen Darstellung beitrugen, die AfD plane eine massenhafte Deportation von deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund. Oder die Ermittlungen gegen Petr Bystron, der sich – wie sein Mitstreiter Maximilian Krah – gegen Vorwürfe zur Wehr setzen musste, welche sich im Laufe der weiteren Entwicklung nicht nur als eskaliert, sondern im Zweifel sogar haltlos herausstellten. Das Auffahren des Verfassungsschutzes gegen Abgeordnete der Alternative für Deutschland im Bundestag beziehungsweise der aufgebauschte Prozess über die Feststellung eines gesicherten Extremismus der Nachwuchsorganisation und ihrer Mutterpartei. Oder die katalysierten Meldungen über die Entzweiung zwischen dem Rassemblement National und Marine Le Pen auf der einen Seite und den patriotischen und identitären Strömungen innerhalb der Blauen andererseits, die kurzerhand auch von ihrem eigenen Bundesvorstand fallengelassen wurden. Man könnte bei dieser Aufzählung an Unwägbarkeiten also durchaus meinen, man sei zurückgefallen in alte Muster der Grabenkämpfe beziehungsweise das Hauen und Stechen über den Einfluss bestimmter Flügel und Lager. Und tatsächlich dürfte dieser Befund nicht falsch sein. Dass er aber zu einer massiven Erodierung führt, welche auch von der breiten Öffentlichkeit nachvollzogen wird, dafür geben die momentanen Stimmungsbarometer keinen Anhalt. Und so verfestigt sich der für die Alteingesessenen nüchterne ‚Verdacht, dass gerade der Erdrutschsieg im Osten nur der Anfang gewesen sein dürfte.

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