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Die bayerische Landtagspräsidentin auf den Spuren der Willkür: Kommt die Despotie durch die Hintertür?

Totalitäre Systeme sind erfinderisch. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie nicht von einem Tag auf den anderen das bestehende Gefüge abschaffen wollen. Sondern in einem sukzessiven Prozess die Opposition unterdrücken, gängeln und bevormunden – bis am Ende ein eingeebnetes und kanalisiertes Kartell aus einem oder wenigen Machthabern samt seines Dunstkreises die Regeln bestimmen. So schleicht sich die Despotie von hinten an – und verkauft sich als der Bewahrer von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Insbesondere nach den Erfahrungen der beiden Diktaturen im 20. Jahrhundert bemüht sich manch ein Politiker des Establishments, nicht mit der Tür ins Haus zu fallen – sondern einen Baustein nach dem nächsten aufeinander zu setzen, um die Repression des weltanschaulichen Widersachers schrittweise zu manifestieren. Nachdem manch einem Verantwortungsträger im Unterbewusstsein sehr wohl klar ist, dass sich mit Blick auf die AfD ein aus der Sicht der Sesselkleber großer Wurf in Form des Verbots derzeit auch deshalb nicht verwirklichen lässt, weil die vom Bundesverfassungsgericht eingeschlagenen Pflöcke für das schärfste Schwert nahezu unüberwindbare Hürden darstellen, versucht man sich auf anderem Wege, die Chancengerechtigkeit der Partei einzuschränken. Auf eine besonders perfide Idee scheint man dabei in Bayern gekommen zu sein. Der dortige Landtag mit seinem Präsidium gab ein Gutachten in Auftrag, um die Fragestellung zu beantworten, ob die staatliche Finanzierung nicht genehmer Mitarbeiter von Parlamentariern der Alternative für Deutschland eingeschränkt werden kann. Und wie es nun einmal bei solchen Studien häufig der Fall ist, kommt im Ergebnis das heraus, was sich der Auftraggeber erhoffte. Zwar hat sich der mit dem Thema befassende Experte zu dem Befund durchringen können, dass Änderungen an verschiedenen Gesetzen nötig seien, um die Sache juristisch sattelfest zu machen – aber eine Realisierung des Anliegens prinzipiell nicht scheitern muss.

Liest man sich die Überlegungen des Fachmanns entsprechend akribisch durch, so hat sich dieser viel Mühe in der Differenzierung gegeben – und kommt auch zweifelsohne nicht leichtfertig zu seinem Resultat. Aber seine Argumentation schwächelt an einer entscheidenden Stelle. Obwohl er selbst minutiös darauf hinweist, dass man zwischen verschiedenen Zuschreibungen und Stadien unterscheiden müsse, in die ein etwaiger Kandidat für ein Dekret einkategorisiert werden kann, vernachlässigen die Einlassungen des Professors für Öffentliches Recht, der von der CSU-Politikerin Ilse Aigner zur Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Komplex herangezogen worden war, die Bedingung einer nachhaltigen Beweisführung. Denn um jemanden vom Geldfluss der Steuerzahler abschneiden zu können – und sei es nur ein Referent oder Büroleiter von Volksvertretern -, genügt eben nicht die Auffassung des Verfassungsschutzes als Behörde der Exekutive. Schon allein der Name des geplanten Instruments zeugt von einer rechtlichen Unschärfe. Man möchte eine „Extremismusklausel“ verankern – obwohl doch die roten Roben in Karlsruhe in ihren Urteilen immer wieder betont hatten, dass Prädikate von Herrn Haldenwang oder seinen Kollegen vor Ort explizit nicht hinreichend sind, um eine wie auch immer ausgeformte Benachteiligung von politischen Wettbewerbern begründen zu können. Auch eine bloße Verfassungsfeindlichkeit – beispielsweise in Ablehnung von einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes – genügt ausdrücklich nicht. Stattdessen muss der stringente und plausible Beleg erbracht werden, dass die Institution beziehungsweise ihre Anhänger explizit darauf ausgerichtet sind, das demokratische und freiheitliche Gemeinwesen auf eine im Zweifel auch gewaltsame Gangart zu überwinden – und elementare Prinzipien unseres Miteinanders, vor allem die Würde und Gleichheit des Menschen, aushebeln zu wollen.

Insofern ließe sich das Verweigern von monetären Mitteln für bestimmte Personen im Umfeld der blauen Abgesandten nur dann stichhaltig und konsistent umsetzen, wenn diese im Einzelfall Fürsprecher von bereits verbotenen Organisationen sind – und deren Ziele trotz der Untersagung auch weiterhin aktiv fördern. Oder sich zur Realisierung einer Ideologie bereit erklären, die den wesentlichen Werten einer liberalen, sozialen und bundesstaatlichen Ordnung diametral widersprechen. Ob diesbezüglich den Anforderungen der Höchstgerichte genüge getan wird, wenn man einen entsprechenden Erlass auch auf diejenigen ausdehnt, die zu einem früheren Zeitpunkt einer solchen Mentalität oder Gruppierung anhängen, dürfte entgegen der Meinung des Gelehrten einigermaßen fraglich sein. Denn die unbehelligte Ausübung des Mandats – zu der unter anderem auch die Beschäftigung von Personal gehört – ist einer der Eckpfeiler repräsentativer Verhältnisse. In diese hinein zu grätschen und sie zu beschneiden, dafür braucht es deutlich mehr als Vermutungen, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate oder das Hörensagen über einen Gegner, der bis heute keine Anstalten macht, auch nur annähernd Art. 1, 3 oder 20 GG in Abrede zu stellen. Dies gilt insbesondere unter der Beurteilung von öffentlichen Aussagen von AfD-Abgeordneten im Münchner Maximilianeum – zum Beispiel in den Sozialen Medien -, die für einige Geschmäcker scharfzüngig, provokativ und radikal sein mögen. Darüber hinausgehende Tendenzen eines fehlenden Bekenntnisses zu unseren Normen und Tugenden sucht man jedoch vergeblich. Und so dürfte es anspruchsvoll werden, eine Nachweiskette zu spinnen, die weit über das Unbehagen  der an der Macht sitzenden Klasse hinsichtlich eines unliebsamen Konkurrenten hinausgeht. Ob sich die Erfordernisse tatsächlich in Paragrafen gießen lassen, das dürfte wohl erst im Laufe von Jahren abzuschätzen sein. Und wer weiß, ob sich bis dahin nicht Mehrheiten verändert haben, die das jetzige Gebaren von Willkür und Drangsal einer um den Einfluss fürchtenden Elite zu einem Bumerang werden lassen.