Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „TV-Quadrell: Zwei gegen einen gegen eine“ (aus: „Zeit Online“ vom 16.02.2025)
Nun ist auch das Quadrell der vier Kanzlerkandidaten geschlagen, der Wahlkampf nähert sich damit dem Ende. Doch was hat die Auseinandersetzung bei RTL an neuen Erkenntnissen gebracht? Insbesondere die Analyse im Nachhinein zeigt sich wiederum überraschend auffällig. Schließlich sind die Resultate der Blitzumfrage doch einigermaßen kurios, wollen sie so gar nicht mit anderen Erhebungen übereinstimmen, die in den vergangenen Wochen zu den Spitzenleuten der einzelnen Parteien veröffentlicht wurden. Demnach sei Robert Habeck bei den Zuschauern in Sachen Sympathie der eindeutige Sieger. Inhaltlich gebe es keinen Zweifel an der Favoritenrolle von Friedrich Merz.
Dass sich Alice Weidel auf dem vierten beziehungsweise dritten Platz bei diesen Fragestellungen wiederfindet, sollte allerdings schon allein deshalb nicht verwundern, weil das beauftragte Meinungsforschungsinstitut in der Regel deutlich schlechtere Werte für die AfD liefert als manch anderer Wettbewerber auf dem Markt der Demoskopen. Versucht man mit einem objektiven Blick zu beurteilen, was die Frontfrau der Alternative für Deutschland in der Sachdebatte an Argumenten und Lösungsvorschlägen darbot, schien sie sich als einziger Teilnehmer der Runde den tatsächlichen Ursachen der momentanen Missstände im Land zu nähern.
Während der Konkurrent der Grünen in einigermaßen nebulösen und visionären Wunschvorstellungen des Morgen stocherte, konnte Friedrich Merz lediglich oberflächlich mit einer vermeintlich staatstragenden Haltung dafür sorgen, dass er als konservativer Durchschnittstyp wahrgenommen wird. Seine Antworten auf die Sorgen und Nöte der Bevölkerung blieben jedoch bei denjenigen Minimalkonsensen stecken, die man beispielsweise mit Blick auf Migration und Transformation bereits kennt. Stellschrauben zu verändern, das genügt in diesen Tagen allerdings nicht. Eine Reduzierung der Massenmigration ist eine halbherzige Angelegenheit.
Abschiebungen von Straftätern mit Herkunft in anderen Kulturkreisen sind nur der Tropfen auf den heißen Stein. Ein „Weiter“ so in der Transformation ist absehbar. Das Festklammern am Narrativ der menschlichen Ursache des Klimawandels wird also auch künftig immense Kosten für den einfachen Bürger mit sich bringen, sollte man nicht den Weg der Blauen nehmen und zu einem pragmatischen Umgang mit schwankenden Wetterereignissen übergehen, der auf Anpassung denn auf Aktionismus setzt. Gänzlich abgeschlagen und kaum wahrgenommen der aktuelle Kanzler. Seine politischen Tage scheinen zweifelsohne gezählt.
Im Gegenzug mag es sein, dass die Souveränität der Wahl-Schweizerin als eine Form von Arroganz erscheint. Doch wenn man beispielsweise die Szene vor Augen hat, in der sich Günther Jauch entsprechend bei ihr erkundigte, in welchem Land sie denn nun ihre Steuern abführe, dann wird man sich der medialen Einseitigkeit bewusst, mit der eine Kraft täglich neu in die Unseriösität abgestempelt werden soll. Dass hierbei eine gewisse Reserviertheit entsteht, ist nur allzu menschlich. Denn da geht es plötzlich nur noch um vermeintliche Skandale und Affären, die man kurz vor dem Wahltermin heraufzubeschwören bemüht ist.
Und so hofft manch ein Beobachter, dass sich ein anfangs als so kurzfristig anberaumtes Ringen um die Stimme des Souveräns endlich dem Ende zuneigt – und der Urnengang für mehr oder weniger klare Verhältnisse sorgt. Schließlich sind die Positionen mittlerweile hinreichend ausgetauscht. Das Votum erfolgt zwischen konsequenter Umkehr und beständigem Verwalten der Probleme, deutlich entlang einer für die Demokratie eigentlich als Fremdkörper zu betrachtenden Brandmauer, die für genug Spaltung und Polarisierung gesorgt hat. Die Gesellschaft ist zur Entscheidungsreife geführt, möge sie sich ihrer epochalen und geschichtlichen Verantwortung bewusst sein.