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Demokratie ganz normal: Wie der Pakt zwischen EVP und AfD das woke Brüssel erschaudern lässt!

Kommentar von Dennis Riehle

Hilfe, man bringe Sauerstoffgeräte und Masken – denn der Brüsseler Zeitgeist bekommt Schnappatmung. Mit dieser Überschrift könnte ein Artikel beginnen, der sich mit einem theatralischen Schauspiel befasst, welches Linksgrün angesichts des Abstimmungsverhaltens der EVP inszeniert. Man sei schockiert, enttäuscht und verbittert, dass sich CDU und CSU auf EU-Ebene tatsächlich dazu durchringen, Regeln und Prinzipien von Demokratie und Parlamentarismus aus der verstaubten Mottenkiste zurückzuholen, nachdem man sie eigentlich gegen eine Brandmauer eingetauscht hatte. Die Front des Kartells gegenüber den sogenannten Rechtsaußen-Parteien bröckelt. Bei den ersten Anträgen votierte man gemeinsam, weil sich ideologische Gräben zwar über eine lange Phase hinweg provisorisch überwinden lassen.

Doch irgendwann ist die Schnittmenge zwischen Sozialisten und Konservativen aufgebraucht. Wie man sich auch in den ostdeutschen Bundesländern immer häufiger die drängende Frage stellt, ob es das Erlangen von Einfluss und Partizipation tatsächlich wert sein kann, als einst bürgerlich-mittige Kraft mit einem zumindest in gewissen programmatischen Überzeugungen kommunistisch anmutenden BSW zu koalieren – und dabei sämtliches Profil zu offenbaren, besinnt man sich nun auch auf der internationalen Ebene der in Spuren übrig gebliebenen Vernunft. Denn da braucht es nicht allzu viel politische Kenntnis, um zu dem eindeutigen Befund zu gelangen, dass das Brückenschlagen zur AfD und ihren Partnern deutlich leichter gelingt, wenn man sich schlichter Tatsachen gewahr wird.

Ein lagerübergreifender Einheitsbrei allein um der Ausgrenzung eines ungeliebten Konkurrenten willen wird es nicht zu weiten Sprüngen bringen. So zeigt es auch die Ampel bei uns, mit welch angezogener Handbremse man unterwegs ist, verharrt man im utopischen Glauben, dass sich das liberale Wirtschaftsverständnis der FDP mit einer plangesellschaftlichen Ökonomie größtmöglicher Subventionierung, Wettbewerbsverzerrung und Reglementierung à la Robert Habeck in Einklang bringen lasse. Es ist diese merkwürdige Mentalität der Moderne, auf Teufel komm raus all das kompatibel zu machen, was bei objektiver Betrachtung nicht zueinander passt. Die infantil anmutende und in einer Demokratie wie ein Fremdkörper wirkende Kontaktscham zündet als Instrument der Moralisierung offenbar kaum noch.

Denn sie kann ohnehin nur dann funktionieren, wenn man den Weg des geringsten Widerstandes wählt – und sich nicht mit Inhalten, Argumenten und Konzepten des unliebsamen Gegners befasst, sondern auf postulierte Narrative, Vorurteile und Ressentiments des Verfassungsschutzes baut. Die Alternative für Deutschland zeigt sich in den verschiedenen legislativen Kammern mittlerweile als durchaus regierungsfähig. Denn offenbar haben ihre Anträge qualitativ hochwertigen Charakter, wenn sie nun sogar von einem gewichtigen Teil des Establishments unterstützt werden. Dass man gemeinsame Sache mit den Blauen macht, kann nur bei denjenigen Sorge und Furcht auslösen, die genau wissen, dass ihr Zenit der Macht überschritten scheint. Und dann bleibt im Zweifel nur das Umsichschlagen mit Kraftausdrücken. Viel mehr als die Vokabeln „Nazi“ und „Faschist“ scheint der Wortschatz vieler Gesinnungsethiker ohnehin nicht zu umfassen.

So Verlassen nun diejenigen das sinkende Schiff, die im letzten Augenblick doch noch mitbekommen haben, dass es sich nicht unbedingt lohnt, auf den erhobenen Zeigefinger zu hören – und im Zweifel das eigene Profil derart zu verwässern, dass nichts mehr übrig ist von dem, womit man den kleinen Mann beim nächsten Urnengang überzeugen könnte. Besser spät als nie, so könnte die Devise lauten, wenn nun wenigstens auf eine punktuelle Zusammenarbeit in Sachfragen gesetzt wird. Schließlich scheinen die Identitären und Patrioten auf hiesigem oder europäischem Grund doch nicht so extrem, wie uns das Haldenwang oder Ursula von der Leyen weiszumachen versuchten. Stattdessen liefern sie handfeste, konsistente und überzeugende Vorschläge, die über Fraktionsgrenzen hinaus auf Anklang stoßen. Pragmatismus schlägt Belehrung, Verstand konfrontiert Doktrin, Weitsicht fordert Verkopftheit heraus.

Was lange unmöglich war, könnte unter dem Druck der massiven Probleme unserer Gesellschaften doch noch denkbar werden. Es ist kein Pakt mit dem Teufel, wenn man sich nüchtern und ehrlich klar darüber wird, dass der Ernst der Lage zu groß ist, um in einer profanen und peinlichen Distanzeritis festzukleben, die jene großen Würfe verhindert, welche angesichts einer unmittelbaren Bedrohung für Integrität, Souveränität und Unversehrtheit unseres Kontinents dringend vonnöten sind. Es geht nicht um den Willen empörter Gutmenschen, die Zeter und Mordio schreien, weil ihnen Felle und Stimmen davon schwimmen. Sondern um die unmissverständliche Anforderung, den mehrheitlichen Auftrag der Bevölkerung umzusetzen, unsere Gemeinschaft von Rom bis Helsinki, von Athen bis Dublin lebenswert und zukunftsfähig zu gestalten.