Kommentar von Dennis Riehle
Es galt auch abseits der Politik einst als Credo, sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates nicht einzumischen. Denn es gebietet der Respekt vor der Souveränität jedes einzelnen Landes, auf moralische Belehrung und erzieherische Bevormundung zu verzichten. Man verstand es als einen Ausdruck von Diplomatie, sich gerade vom fremden Wahlkampf fernzuhalten. Schließlich verbat man sich seinerseits ebenfalls, im Ringen um die Stimmen des Souveräns von externer Seite beeinflusst zu werden. Doch weil heute alles nicht mehr so ist, wie es früher einmal war, scheint auch diese hehre Maxime von Contenance und Integrität offenkundig obsolet geworden. Da gebärden sich namhafte Vertreter aus der zweiten und dritten Reihe der Ampel, dem amerikanischen Volk bei der Entscheidung zu helfen, ob als künftiger Präsident Donald Trump oder Kamala Harris ins Weiße Haus einziehen soll.
Aber es sind auch die Medien, die bei diesem Thema über die Stränge schlagen. Eine besonders hetzerische und reißerische Manier legt dabei „Der Spiegel“ an den Tag. Nachdem man wiederholt mit Titelseiten negativ aufgefallen war, die eine schlichte, plumpe und dreiste Relativierung der Historie vornahmen, als die Redakteure Björn Höcke und Marine Le Pen zur Reinkarnation des Bösen und menschlichen Wiedergeburt des Faschismus darstellten, wagte man sich aktuell mit der nächsten Entgleisung ins Feld. Da zerrte man den Tesla-Chef Elon Musk nicht nur auf das jüngste Cover. Stattdessen bezeichnete man ihn als den zweiten Staatsfeind hinter dem unliebsamen Kandidaten der Republikaner für das höchste US-Amt.
Der Besitzer des sozialen Mediums X zeigte sich völlig zu Recht empört über diese durch nichts zu entschuldigende Etikettierung und Nachrede, die eine Prangerwirkung entfalten kann, welche ihn faktisch zum Freiwild erklärt. Es schmerzt mich als Journalisten zutiefst, dass ein noch vor einer Dekade wirklich angesehenes Nachrichtenmagazin innerhalb weniger Jahre von einem legitimen Linkskurs den Weg eines schlichten Propagandablattes eingeschlagen hat, dessen Berichterstattung vor Hass und Hetze nur so trieft. Trotz massiv zurückgehender Abonnements und Leserzahlen fährt man weiterhin einen Kurs von Demagogie und Agitation. Und dabei ist man sich nunmehr auch nicht zu schade, neben der AfD in unseren Breiten die rechte Bewegung über dem Teich als Zielscheibe für dumpfe Anfeindung und freche Verunglimpfung anzusehen.
Mit einer verantwortungsvollen Publizistik hat dieses Skandieren schon lange nichts mehr gemein. Stattdessen ist ein bisheriges Leitmedium – allerdings nicht völlig grundlos – auf den Pfad der versuchten Manipulation des gesellschaftlichen Klimas bei uns und jenseits des Atlantik abgedriftet. Merkwürdige und gleichzeitig entlarvende Verflechtungen zwischen der „Bill and Melinda Gates Foundation“ und dem „Verlag Rudolf Augstein“ sind für den externen Betrachter hinreichend genug, um nicht nur lobbyistische Fallstricke zu enttarnen. Sondern sich auch zu erklären, woher der Schwenk ins Abseits rührt, den man nicht erst seit Corona angetreten hat – und der mittlerweile durch jede weitere Ausgabe des Heftes dynamisiert und untermauert wird.
Die Verleumdung und Brandmarkung von erfolgreichen und wagemutigen Charakteren und Parteien mögen ebenso einem gewissen Neid entspringen, weil man es selbst nur noch dann ins Rampenlicht schafft, wenn die Überschriften eigener Artikel das Niveau derjenigen unterbieten, die lange Zeit das Monopol auf große Buchstaben innehatten. Wir können also in diesen Wochen eine weitere Institution zu Grabe tragen, die immer wieder mit Affären auf sich aufmerksam machte. Aber der es stets noch gelang, die Kurve zu kriegen und verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Gelingen wird dies jetzt allerdings nicht mehr. Der Zug ist abgefahren, weil sämtliche Ethik, Gewissen und Skrupel abhandengekommen sind – und Tugendhaftigkeit an der Garderobe der Redaktion abgegeben wurde. Von beruflichen Sitten und Normen einmal abgesehen, hat nicht erst die Aufspaltung des Axel-Springer-Konzerns wichtige Kunden verprellt.
Es ist eine Philosophie der geistigen Brandstiftung, die im Zweifel jede Boulevardpresse alt aussehen lässt, mit der man von einem ernstzunehmenden Wettbewerber in der Berichterstattung und Meinungsbildung zu einem Vehikel für Stimmungsmache, Aufwiegelung und Polarisierung mutierte. Man mag es sich als Provokateur auf der gleichen Stufe wie beispielsweise Jan Böhmermann bequem einrichten. Doch wer in einem solch erbärmlichen Dunstkreis seine Runden dreht, dem sind bereits alle Felle davongeschwommen. So blickt man einem hehren Leumund hinterher, der den Bach hinuntergeht. Und kuschelt sich in der Nestwärme ein, die sich aus der Reibungshitze zwischen ideologischer Verbohrtheit und naiver Instrumentalisierung speist. Es wäre noch vor kurzem ein Verlust gewesen, dieser Postille nachzutrauern. Heute ist er es nicht mehr.