Kommentar von Dennis Riehle
Nach der Diskussion zwischen Alice Weidel und Elon Musk sind die Haltungsmedien in Deutschland in gewohnter Manier darauf bedacht, die Begegnung durch den Dreck zu ziehen. Die Vorwürfe drehen sich vor allem um etwaige Lügen und mangelnde Ernsthaftigkeit. Blickt man mit ein wenig Distanz auf das, was zu den unterschiedlichsten Themen von Asylkrise über Energiewende bis hin zum Ukraine-Krieg gesagt wurde, so kann man der Kanzlerkandidatin der Alternative für Deutschland durchaus einen souveränen Auftritt bescheinigen. Von einer herausragenden Darbietung war er allerdings nicht. Tatsächlich fehlte es ein Stück weit an einer kritischen Reflexion des Gesagten. Die Mentalität eines Interviews fand Ermangelung in der dafür normalerweise vorgesehenen Kommentierung, zu der es nachvollziehbar kaum kommen konnte, weil der Talk-Charakter überwog. Schlussendlich präsentierte man einen politischen Plausch, der vor allem von der einseitigen Bewunderung der Co-Vorsitzenden für den vermeintlich reichsten Menschen der Welt geprägt war. Die bekannten Standpunkte der Partei wurden authentisch und nachvollziehbar wiedergegeben. Man erfuhr als Außenstehender allerdings nicht viel Neues. Das 76 Minuten andauernde Debattieren hatte an einigen Stellen den Wesenszug eines Geplänkels, das bisweilen Scharfsinnigkeit und Konsequenz entbehren musste.
Einer der roten Fäden zog sich zeitweise ziemlich quälend durch den Verlauf. Denn die Generalabrechnung mit der Agenda von Angela Merkel nahm im Vergleich zur Schuld- und Ursachenforschung anderer Akteure aus der Gegenwart und Vergangenheit zu viel Raum ein. Der etwas breitere Blick auf die Verantwortlichkeit der Ampel und das Establishment in seiner kompletten Gänze blieb möglicherweise auch deshalb ungenutzt, weil sich die 45-Jährige betont darum bemühte, im Zweifel eine gewisse Anschlussfähigkeit zu suggerieren, sollte man früher oder später doch in die Lage versetzt werden, an einer Koalition mitzuwirken. Ihre wiederholte Darstellung der AfD als eine konservative und liberale Kraft schien ein Stück weit zahnlos und ohne Griff. Das bewusste Umschiffen der klaren Feststellung, dass man ein dezidiert rechter Wettbewerber sei, könnte gerade bei den weniger Gemäßigten aus ihren Reihen eine gewisse Enttäuschung und Verbitterung hinterlassen haben. Die Kontaktscham gegenüber einer ausdrücklich heimatverbundenen und identitären Gesinnung zielte selbstredend auf den Versuch ab, ein weiteres Klientel aus dem Dunstkreis der CDU für sich zu gewinnen. Ob es sinnvoll und klug ist, dabei das eigene Profil zu verwässern und programmatische Ecken und Kanten abzuschleifen, hierüber wird man sich trefflich streiten können.
Inwieweit es zudem für den Wahlkampf von entscheidender Bedeutung war, sich in einer historischen Deutung der ideologischen Verortung von Adolf Hitler zu verlieren, um auf diesem Weg zu beweisen, dass all die widerlichen und ekligen Anwürfe, die Blauen stünden mit ihrer Weltanschauung auch nur ansatzweise in der Nähe des Nationalsozialismus, muss der Zuhörer für sich bewerten. Eine gewisse Unklarheit blieb mit Blick auf den Angriff Russlands und die künftige Rolle und Funktion von Schwarz-Rot-Gold im geopolitischen Gefüge, nachdem die studierte Volkswirtschaftlerin einerseits für mehr Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik warb, andererseits auch einen Schwenk in Richtung notwendiger Friedensgespräche und Diplomatie untermauerte. Schon im Vorfeld hatte sie durch Aussagen, die Deutschen seien Sklaven der USA, allein deshalb für Irritationen gesorgt, weil sie sich gleichzeitig doch der Forderung des künftigen Präsidenten Trump anbiederte, fortan mindestens fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Militär und Ausrüstung auszugeben. Beim Thema Flüchtlinge blieben die Äußerungen teilweise vage. Zwar gingen sie weit über das hinaus, was beispielsweise Friedrich Merz an Konzepten für die Reduktion der illegalen Einwanderung vorschlägt. Ein gewisses Fremdeln mit dem Terminus der Remigration war allerdings trotzdem wahrzunehmen. Doch auch dies entsprach dem Duktus jener AfD, die sich in der Dekade ihres Bestehens zunehmend von allzu expliziter Stringenz entfernt hat. Einigermaßen unmissverständlich blieb hingegen die Einschätzung zu Wirtschaft und dem Umstieg auf die Erneuerbaren. Hier verwies man zurecht auf die nunmehr zerbrochene Regierung unter Kanzler Scholz, die mit der verkopften Vision einer Plangesellschaft einen einstigen Exportweltmeister ökonomisch an die Wand fuhr. Auflockernd erschien manch eine persönliche Note von beiden Seiten. Es kam zu kurzweiligen und humorvollen Szenen, als man ins Private und das Philosophieren über Gott und die Welt überging. Unter dem Strich bleibt die Bescheinigung einer soliden Leistung für die Gütersloherin, die allerdings in einigen Augenblicken mehr Biss und Courage vertragen hätte. So erfüllte sie die Erwartungen, konnte jedoch mehrmals die Handbremse nicht lösen. Die ach so große Bewunderung für den Tesla-Chef und das häufige Kopfnicken mit einem schlichten „Ja“ nahm dem Format eine gewisse Spannung und Erörterung von Widersprüchen. Dass sich der Multimilliardär mit Vehemenz für die Alternative als einzige Lösung angesichts der dramatischen Probleme und Herausforderungen für unsere Nation aussprach, war schon im Vorfeld unmissverständlich geworden. So konnte auch hier kein wirklicher Knalleffekt erzeugt werden. Die Ambition der Wahl-Schweizerin verwirklichte sich trotzdem: Sie hat die AfD bündnisfähig gemacht, damit aber auch manch ein Alleinstellungsmerkmal und Substanz als einzig wahre Opposition preisgegeben. Und so mag es ein markanter Termin im Jahr 2025 gewesen sein. Ein blaues Wunder blieb eher aus.