Kommentar von Dennis Riehle
Die derzeitige Verfassung der Medienlandschaft in Deutschland muss all jene Journalisten mit Wehmut und Schmerz erfüllen, die angesichts des Gebarens ihrer Haltungskollegen täglich mit allen Verrätern des Business über einen Kamm geschoren werden, welche entweder in ihrer Ausbildung den Publizistischen Grundsätzen als ethische Tugend unserer Branche nie begegnet sind – oder den gültigen Verhaltenskodex kurzerhand gegen interne Leitlinien ausgetauscht haben. Und wenn man sich die mittlerweile nicht mehr als Fehler oder Zufälle erklärbaren Verstöße gegen sämtliche Prinzipien von Sorgfalt, Objektivität und Echtheit bewusst wird, dann bleibt am Ende nichts Anderes als der profane Befund, dass die vierte Gewalt nicht mehr das kritische, skeptische und distanzierte Pendant zu Exekutive, Legislative und Judikative ist – sondern sich zum ideologischen Beischlaf an deren Seite kuschelt.
Bisweilen fragt man sich als Außenstehender, warum Menschen in jahrzehntealten Diktaturen nicht endlich einmal aus ihrer Verblendung und Naivität aufwachen können – und den Knall der Manipulation, Gleichmachung und Steuerung nicht hören wollen. Lässt man sich allerdings auf das Experiment ein, eine Weile lang allein dem deutschen ÖRR zu vertrauen, so kann ein nicht völlig indoktrinierter Bürger mit Restverstand doch ein Stück weit nachempfinden, wie es sein muss, sich in einer von der Wirklichkeit diametral unterscheidenden Harmonie geborgen zu fühlen, in der sich alle Geschöpfe lieb haben, der Laden brummt – und die Regierung stets nur das Beste für jeden will. Denn das Bild, das beispielsweise „Tagesschau“ oder „heute“-Sendung von der Realität in Deutschland zeichnen, ist von einer derartigen Glückseligkeit getragen, dass man nach ein paar Wochen des ausschließlichen Konsums ernsthaft davon ausgeht, die Welt da draußen wäre in Ordnung – und Scholz und Habeck führen uns verantwortungsvoll in Richtung von Milch und Honig.
Ich gebe unverhohlen zu, dass auch bei mir Einiges passieren musste, damit der Groschen endlich fiel. Wer in einer Sozialisation aufgewachsen ist, in der die Nachrichtenformate von ARD und ZDF zu den Flaggschiffen integrer und authentischer Berichterstattung erhoben wurden, braucht möglicherweise eine kalte Dusche, um letztendlich auch von der Überzeugung wegzukommen, dass die mir in meiner Qualifizierung als Vorbilder vermittelten Rundfunkanstalten heutzutage nicht mehr das Ideal, sondern der Schrecken für jeden ehrwürdigen Vertreter unserer Zunft sein sollten. So habe ich eine ganze Weile ebenfalls ein zu positives Bild über die Verhältnisse in unserem Land in mir getragen, weil ich sicheren Gewissens auf die Schlagzeilen und Meldungen baute, die von über Dekaden als Garanten geltenden Formaten wie „Süddeutsche“ oder „Zeit“ vermittelt wurden.
Schlussendlich war es eine meiner besten Entscheidungen im Leben, mich auf den modernen Plattformen anzumelden – und dort sukzessive mit der Wahrheit konfrontiert zu werden. So durchlief ich einen notwendigen und durchaus trauernden Abnabelungsprozess, der zu dem durchaus ernüchterndes Eingeständnis verhalf, von denjenigen belogen zu werden, die man einst als Leuchttürme gewürdigt hatte. Und so ist es nur allzu verständlich, dass unabhängige Portale oder Social Media zunehmend in den Fokus derjenigen rücken, denen es kein Anliegen sein kann, dass die Bevölkerung mit der schonungslosen Tatsächlichkeit in Berührung kommt. Schließlich beruht die Wahrnehmung von vielen Leichtgläubigen noch immer auf der Vermittlung eines Lügengebildes, welches beispielsweise im kollektiven Skandalisieren des Geheimtreffens am Lehnitzsee, der Affären und Bystron und Krah oder des Prozesses gegen AfD-Spitzenkandidat Höcke ihren Höhepunkt fand.
Immerhin sind es diese sich diversifizierenden und alternativen Quellen, die jeden einzelnen Messerangriff und sämtliche Vergewaltigung in unseren Großstädten thematisieren, über die all jene nie etwas erfahren werden, die sich in ihrer Bewusstseinsbildung auf den Slogan „Mit dem Zweiten sieht man besser!“ verlassen. Natürlich war mir aus meiner eigenen Berufserfahrung nur allzu klar, dass sich Verzerrung, Falschbehauptung und Infiltration mehr oder weniger offensichtlich in den Redaktionen breitgemacht haben – und auch ich selbst Opfer von Indizierung, Kontrolle oder Maulkörben geworden bin, als meine Texte zum Ende meiner Tätigkeit immer öfter verwässert wurden, da der Chefetage mein Argwohn gegenüber der Obrigkeit zu deutlich aus den Artikeln hervorschimmerte.
Und es war auch kein Geheimnis, dass Instrumente wie die Bild-Ton-Schere, Symbolfotos, gestellte Interviews, die tendenziöse Auswahl von Gesprächsgästen und „Experten“, die Selektion der Themen, die Platzierung der Breiträge, Euphemismen, Widersprüche, Auslassungen, das Aneinanderreihen von Zitaten, ergebnisgeschlossene O-Töne, rhetorische Eskalationen oder Suggestivfragen mit zunehmender Häufung zur absichtlichen Täuschung, Verwirrung, Beeinflussung und Moralisierung des Konsumenten eingesetzt wurden. Letztlich galt eine Mentalität, sich zur Volksverdummung befugt zu sehen. Und auch damals gab es schon Anrufe aus von Parteivorsitzenden und Abgeordneten, die versucht hatten, gewisse Änderungen an Wortlauten durchzusetzen, bestimmte Aussagen zu puschen und manche Ereignisse einfach aus der Sendestruktur zu nehmen. Doch der Unterschied zu heute ist eklatant: Bis zur Migrationswelle 2014/2015 beziehungsweise der Corona-Pandemie bissen sie damit meistens auf Granit.
Seither nahmen die politischen Bestrebungen vehement zu, die monetäre Abhängigkeit von vielen festangestellten und selbstständigen Mitarbeitern, aber auch deren schamlose Bereitschaft, für ihre Karriere die Seele und das Gewissen preiszugeben, für die Intervention von außen zu nutzen. Dass plötzlich wesentliche Vorkommnisse und Zusammenhänge in der leitmedialen Erzählung nicht mehr vorkamen, wurde von den Verantwortlichen oftmals mit dem Vorwand der Pressefreiheit gerechtfertigt. Und tatsächlich steht es jedem Schreiberling zu, völlig eigenständig darüber zu befinden, was er zum Inhalt seiner Artikel macht. Doch in einer Demokratie hat jedes Recht seine Grenzen – und wird von Pflichten flankiert. Und so ist es der Auftrag zu Authentizität, Glaubwürdigkeit und Vollständigkeit, der selbst einem Muckraker in völliger Hingabe zur herrschenden Klasse irgendwann einmal sauer aufstoßen und ihn hinterfragen lassen sollte, inwieweit er morgens noch in den Spiegel schauen kann, wenn er sich weiterhin zur Marionette derjenigen macht, die er eigentlich unverblümt verbal stellen sollte.
Dass ständig mehr Gesellschaftsteile entweder vollständig auf die selbsternannten Qualitätsmedien pfeifen oder sich zumindest über weite Strecken hinweg der Kanäle bedienen, die nicht von einer Förderung oder dem Gutdünken des Establishments profitieren, wird zum ausgewachsenen Dorn im Auge jener, die ihre Parallelwelt – und damit auch ihre Macht – in Gefahr sehen. Gerade dieser Umstand darf aber nicht abhalten, sondern eher dazu ermutigen, dem eingeebneten Informationsmonopol bewusst die Stirn zu bieten und sich nicht von den ständigen Drohungen aus EU oder der grünen Bundestagsfraktion einschüchtern zu lassen, die mit dem scharfen Schwert der Repression fuchteln. Denn Zensur wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Aufrichtigen Schwäche zeigen.