Kommentar von Dennis Riehle
Es ist wohl eine Geschmackssache: Sind wir eher der Typ Fischbrötchen, also zumindest kulinarisch auf dem Kurs von Olaf Scholz? Oder bevorzugen wir auf unserer Stulle Mett und Gehacktes, wie es auch der neue Ministerpräsident von Thüringen, Mario Voigt, wohl nicht erst seit seinem Duell mit AfD-Politiker Björn Höcke bevorzugt? Was sich wie ein scherzhafter Vergleich anhört, das spiegelt Tatsachen in dieser Republik wieder, mit denen man noch vor ein paar Jahren nicht zu rechnen gewagt hatte. Zweifelsohne ist manche Präferenz des Deutschen gewöhnungsbedürftig. Doch man fragt sich insbesondere angesichts der Vorgänge in Erfurt, wie naiv und verblendet kann man gerade als Wähler der CDU sein, wenn man doch im Vorhinein bereits wusste, dass sich nicht nur eine Zweckehe der Verlierer anbahnt – sondern diese bedarfsweise auch noch auf Unterstützung durch die linke Mauerpartei zurückgreifen muss. Das neue Bündnis wird sich nicht viel besser und erfolgreicher geben als die Ampel auf Bundesebene. Und vielleicht sind es am Ende dann doch nur Nuancen wie bei der Schrippe, die jeder von uns mit etwas anderem belegt, welche die als Bettvorleger gestartete Fortschrittskoalition in Berlin und den Zusammenschluss eigentlich durch den Souverän massiv abgestrafter Etablierter samt ihrer Steigbügelhalter im bisherigen Machtzentrum von Bodo Ramelow trennen.
An Verwerflichkeit wird es dort genauso wenig mangeln wie am hauptstädtischen Miteinander aus SPD, Grünen und FDP, das aller Voraussicht nach durch einen Kanzler Friedrich Merz mitsamt eines ökologischen Anhangs beerbt wird. Dessen Parteikumpane zwischen Südharz und Schiefergebirge hatte nicht nur die konstituierende Sitzung des Landtags von langer Hand zu intrigieren geplant, sondern steht weiterhin unter dem Verdacht, in seinen wissenschaftlichen Arbeiten eine Unmenge an Plagiaten verwendet zu haben. Er wird also nicht nur ideologisch eine als notwendiges Übel verkaufte Liebesheirat auf dem Fundament von Lüge und Täuschung aufgebaut. Der heuchlerische Verrat am kleinen Mann ist nicht zuletzt auch deshalb besonders hinterhältig, weil wieder einmal die Doppelmoral in einem schier unfassbaren Ausmaß zutage tritt. Man brandmauert mit sämtlichen Instrumenten von Unterdrückung und Ausgrenzung gegenüber der Alternative für Deutschland. Gleichzeitig schließt man allerdings einen Pakt mit Sozialisten, unter denen sich auch Charaktere befinden, die in der DDR und ihrer Staatssicherheit eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Da orientierte man sich möglicherweise an ihnen, wie leicht sich Unrecht in einer Gesellschaft durchsetzen lässt, die einigermaßen hilflos vor dem Bildschirm sitzt, um sich ausgerechnet von jenem MDR die Böswilligkeit der Blauen erklären zu lassen, welcher tief verwoben scheint in die Affäre um den Präsidenten des ortsansässigen Geheimdienstes, Kramer.
Dass man schon längst den Pfad hehrer Tugenden verlassen hat und dem einfachen Bürger ein ziemlich schlechtes Schauspiel liefert, dessen Hauptthema die Demontage von Parlamentarismus und Prinzipientreue ist, werden vor allem diejenigen bestätigen können, deren Verstand geschärft ist – und Augen geöffnet sind. Immerhin keimen in ihnen doch so manche Erinnerungen an Honecker und Ulbricht auf, weil ein 47-jähriger Jenaer dem tatsächlichen Sieger des Urnengangs hämisch die Zunge entgegenstreckt. Immerhin ist der neue Regierungschef für Wankelmütigkeit, Unstetigkeit und Dolchstöße bekannt. Souveränität und Bestimmtheit sind bei ihm ebenso Fremdworte wie Ehrlichkeit oder Authentizität. Letztlich taugt er vor allem als Musterbeispiel dafür, wie man als eingefleischter Berufsgenosse das letzte Fünkchen eines integren Leumunds auf dem Silbertablett für das Wohlwollen durch BSW und SPD opfert. Er wird sich im Zweifel bis zur Profillosigkeit verbiegen, um die Legislaturperiode mit all ihren Privilegien bis zum letzten Moment auszukosten. Ob in diesem Moment noch etwas übrig ist von einem ohnehin durch seinen Vorgänger in den wirtschaftlichen Ruin getriebenen Gefilde an Werra und Saale, darüber kann man nur mutmaßen. Denn was soll einem Trio der Schwachen und Gescheiterten schon gelingen, das bereits vor Amtsantritt belegt, wie wenig es von Sachinhalten hält – und dass es ihm allein um Einfluss, Potenz und Doktrin geht?