Quelle: Clipdealer.de, 7473160, Erworbene Standardlizenz.

Der Ruf des Journalismus ist vernichtend, aber vergessen wir die positiven Ausnahmen nicht!

Die Meinung von Dennis Riehle

Der Beruf des Journalisten sei der verachtenswerteste der Moderne, lese ich in diesen Tagen auf Twitter. Und gerade ARD und ZDF seien zu einem Propagandainstrument geworden, kritisiert unter anderem auch der AfD-Politiker Benjamin Nolte. Und selbstverständlich kann ich angesichts der desaströsen Leistung all meiner Haltungskollegen nur allzu gut nachvollziehen, dass es um den Ruf unserer Branche im Augenblick schlecht bestellt sein muss. Denn es sind beispielsweise Äußerungen wie jene von Nadine Lindner als Vertreterin des ÖRR im Talkformat bei Caren Miosga, die sich angesichts der Forderung der Blauen nach einer freien Wahlmöglichkeit der Frau hinsichtlich Karriere oder Erziehung in den Vorwurf verstieg, die Partei wolle den Feminismus rückwärts abwickeln. Dass es aber gerade bei offensichtlich besonders progressiv denkenden Medienschaffenden auf Unverständnis stößt, wenn man sich dafür ausspricht, dass Deutschland deutsch bleiben soll, das erklärt ein Stück weit die miserable Reputation meiner Zunft. Und trotzdem tut es mir in der Seele weh, dass Differenzierung heutzutage offenbar schwerfällt. Schließlich fühle auch ich mich angesprochen – und stelle mir die Frage, wie ich auf eine durchaus spürbare Pauschalablehnung meiner Person reagieren soll, mit der ich nicht nur in den Sozialen Medien, sondern auch im Alltag immer wieder konfrontiert bin. Und all das nur deshalb, weil ich mich vor vielen Jahren entgegen meiner ersten Pläne, Theologie studieren zu wollen, dann doch dazu entschlossen habe, Schreiberling zu werden.

Ich habe schon oft unverhohlen zugegeben: Politisch war ich einst im linken Spektrum verankert – insbesondere aufgrund der sozialen Frage. Und so habe ich mich ein Stück weit zu Hause gefühlt, als ich mich in einem Genre wiederfand, das seit jeher für seine gutmenschliche Ader bekannt ist. Dennoch mache ich mir heute keine Vorwürfe. Weder hinsichtlich meiner Entscheidung, für eine gewisse Zeit in Parteien unterwegs gewesen zu sein, für die ich jetzt nichts mehr empfinde – und deren Programmatik ich heute über weite Teile ablehne. Denn sie waren ein Weckruf zur Umkehr, zur Neuausrichtung und für einen Lernprozess. Noch bezüglich der Abwägung, mich unter die Kolumnisten zu begeben. Ich werde mich sicherlich auch nicht dafür rechtfertigen, einen Job gewählt zu haben, der momentan durch eklatante Verstöße gegen jene Publizistischen Grundsätze in seinem Ansehen in die Tiefe rutscht, die für mich stets Ethos und Tugend gewesen sind. Denn genauso, wie ich eine kollektive Schuld für unser Volk ablehne, deren Nachkriegsgenerationen nicht mehr für das büßen können, was ihre Vorfahren an Abscheulichkeit und Brutalität verübt haben, werde ich mich auch nicht in eine gemeinschaftliche Haftung für das begeben, was aktuell vom Ersten bis zum Zweiten Deutschen Fernsehen, von „Süddeutsche Zeitung“ bis „Focus“, an teils verwerflichem Verhalten gezeigt wird. Schließlich habe ich diese Praxis schon immer angeprangert, die die Nachrichten nicht mehr als eine kritische, skeptische und distanzierte Kundgabe von Fakten oder Kommentierung des Gebarens unserer Obrigkeit und gesellschaftlicher Missstände begreift, sondern die vierte Gewalt zu einem Sprachrohr der Regierenden verkommen lässt.

Denn es ist gerade in einer Demokratie die ureigene Aufgabe von Reportern, nicht jene Stimmung bei den Passanten in der Fußgängerzone einzuholen und zu beurteilen, die dem Chef des Volontärs genehm ist – sondern die herrschende Klasse mit dem Widerspruch aus der Bevölkerung zu konfrontieren. Dass mittlerweile Manipulation, Indoktrination und Desinformation zur inhärenten Zielsetzung der Tagesschau oder der „heute“-Sendung gehören, liegt vor allem in finanziellen und machtbesessenen Aspekten begründet. Immerhin hängt viel von den Volksvertretern in den Landesparlamenten ab, die für ihr Votum zu den Rundfunkgebühren gerne auch einmal eine Gegenleistung einfordern – und sich deshalb in die Führungsetage der Sender durchstellen lassen, wenn das einstige Flaggschiff der Unterrichtung wieder einmal eine Meldung verbreitet hat, die den Grünen nicht schmeckt – oder die zu wohlwollend gegenüber der AfD war. Mittlerweile wissen wir auch, dass es bereits im Vorfeld Interventionen gibt, bestimmte Schlagzeilen überhaupt nicht aufzugreifen – und sich dabei auf die Freiheit der Presse zu berufen, die zwar prinzipiell die Entscheidungshoheit darüber hat, welche Sujets sie aufgreift. Aber natürlich auch zur Wahrheit, Sorgfalt und vor allem Vollständigkeit angehalten ist. Wenn also beispielsweise über die Veröffentlichung der Akten aus dem Bundeswirtschaftsministerium hinsichtlich des Atomausstiegs im ÖRR nichts zu vernehmen ist – oder es zu völlig indiskutablen Verlautbarungen über die Demonstration von Islamisten in Hamburg als ein „rechtsextremes“ Ereignis kommt, ist das weder mit dem Programmauftrag des zwangsfinanzierten Systems in Einklang zu bringen, noch mit meiner immanenten Vorstellung und Verpflichtung, Objektivität und Untendenziösität zu verkörpern. Und da lasse ich auch keine Ausrede gelten, dass man sich als freier Mitarbeiter oder Festangestellter in einer monetären Abhängigkeit befindet. Denn das Gewissen an der Garderobe der Redaktion abzugeben, kommt einer völligen Preisgabe journalistischer Integrität und Souveränität gleich.

Für mich war es seit jeher unbestritten, möglichst die komplette Bandbreite an Ereignissen abzubilden. Insbesondere aber vor allem das, was die politisch Verantwortlichen versäumt, verbockt oder vertuscht haben. Mir ging es nie darum, Nebelkerzen zu werfen – um das Rampenlicht auf diejenigen zu lenken, die der woke Einheitsbrei gemeinschaftlich als Sündenbock auserkoren hat. Denn es gehört gerade zur Standhaftigkeit und Geradlinigkeit meines Ressorts, sich nicht blenden oder vereinnahmen zu lassen. Und ob es nun die Verwendung von tendenziösen Symbolbildern ist, die suggestive Formulierung der Anmoderation, das Instrument der Bild-Ton-Schere als Werkzeug zur Verwirrung, das Weglassen von wichtigen Details, das Verallgemeinern von Konkretem, das monothematische Fixieren, das befangene Konnotieren und Flankieren, das Unterbringen von Meinung in der Berichterstattung oder das Belehren, Moralisieren und Kanalisieren: Mit all diesen Mitteln begeht man einen Verrat an den Wurzeln und dem Ursprung unserer Sparte, die sich zumindest außerhalb einer totalitären Diktatur nicht mit Exekutive, Legislative oder Judikative gemein macht – sondern sich prinzipiell als deren argwöhnischer Beobachter versteht. So habe ich es seit jeher gehandhabt und nach bestmöglichem und stets reflektierendem Pflichtbewusstsein umgesetzt. Gerade auch, seitdem ich aus tiefstem Herzen in das rechte Lager gewechselt bin – und damit zu einer seltenen Spezies innerhalb des Metiers gehöre. Deshalb wäre mir eine solch peinliche und entlarvende Dreistigkeit auch nie in den Sinn gekommen, irgendeinen Zweifel daran zu hegen, dass unser Land das bleiben muss, was es seit jeher war: Der Ort, an dem die schwarz-rot-goldene Flagge für die kulturelle Identität, Heimat, Tradition, Werte, Sprache, Religion, Prägung, Sittlichkeit, Normativität und Ordnung der Mehrheit seiner Bewohner steht – und sich viele dieser Menschen zu ihrer deutschen Ursprünglichkeit, Verwurzelung und Herkunft bekennen.