Gegendarstellung zu „Scharf nach Rechtsaußen abgebogen“,
in: „SeeMoZ“ vom 30. Oktober 2024 (Link)
von Dennis Riehle
„Dennis, seit wann bist du eigentlich Nazi?“ – Mit dieser Frage hat mich schon vor ein paar Monaten ein Kollege konfrontiert, der mich noch aus „alten Zeiten“ kennt. Und wie man bereits an seinem Vokabular erkennt, ist er offenbar mehrfach falsch abgebogen, als es um die Geschichte unseres Landes ging. Aber zurück zu mir. Ja, früher war ich einmal links. Nachdem ich während der Schulzeit vor allem auch aufgrund des damals belegten Leistungskurses Wirtschaft auf einem neoliberalen Pfad wandelte, wechselte ich kurzzeitig sogar ins grüne Lager, weil mir ein rationaler, verhältnismäßiger und vernünftiger Umweltschutz ebenso wichtig war wie die Gerechtigkeit für die Bedürftigen in unseren Reihen – und ein maßvoller Zuwachs unserer Bevölkerung durch Arbeitsmigranten und tatsächlich Existenzbedrohte aus der Ferne. Da ich zudem von einer pazifistischen Ausrichtung geprägt war, die man damals noch bei einer Antikriegspartei als unverrückbares Credo vorfinden konnte, votierte ich einmalig für die „Guten“. Und ja, darauf bin ich wahrlich nicht stolz. Was mich allerdings schon sehr früh von diesem Klientel unterschied, das waren mein stets vorhandener Wertkonservativismus und ein latenter Patriotismus, den ich jedoch verbarg, weil ich mich vom Diktat des Zeitgeistes unter Druck setzen ließ.
Ich ordnete die Vernunft nach, denn ich rückte in manchen Phasen meines Lebens die Hilfsbereitschaft für den Unbekannten an die erste Stelle. Das mag zwar durchaus auch hehr klingen. Aber in der Rückschau bin ich bisweilen naiv gewesen. Und darauf blicke ich mit Kopfschütteln über mein Selbst. Immerhin hielt sich mein Dornröschenschlaf auch noch über 2015 hinweg – wenn auch zunehmend instabil. Einigermaßen ohnmächtig angesichts der Bilder, die Angela Merkel durch ihren Tabubruch der offenen Grenzen verursacht hatte, war ich anfangs nicht darin begriffen, die dramatischen Kollateralschäden der multikulturellen Bereicherung zu erfassen. Obwohl mir schon zu diesem Augenblick bewusst war, dass es nicht gutgehen konnte, sah ich mich als Integrations- und Sozialberater verpflichtet, irgendwie dabei zu unterstützen, die Konsequenzen dieser größten Fehlentscheidung deutscher Politik in der jüngeren Vergangenheit abzufedern. Und so stand ich anfangs noch zur Verfügung, die hier Ankommenden bei der Eingliederung zu begleiten, um der Flut an Menschen irgendwie Herr zu werden. Ich nahm sie zu Beginn auch noch als überaus engagiert wahr – und konnte nicht klagen, dass sie unkooperativ gewesen wären.
Sie lieferten eine tatsächlich glaubwürdige Fluchtursache, die sie auch begründeten und nachwiesen. Doch vor allem waren sie sich ihres Status als Gast im Klaren – und zeigten Respekt vor den bestehenden Verhältnissen, Prägungen und Tradierungen unserer Nation. Sie ließen sich darauf ein, an Prosperität, Wachstum und Wohlstand mitzuwirken. Und ihnen mangelte es nicht am Wissen um die notwendige Assimilation, die man von jedem erwarten kann, der sich temporär in der Fremden aufhält – und dort Versorgung und Obdach zugesagt bekommt. Weil ich gerade involviert war in diesem Prozess der Anpassung, habe ich hautnah miterleben können, wie rasch sich der Wind drehte. Ich erinnere mich gut an Gespräche mit sogenannten Schutzsuchenden, die plötzlich unverhohlen gestanden, dass sie in ihrer Heimat nicht etwa verfolgt sind. Stattdessen war es von Anfang an ihr Ziel, in der Bundesrepublik nach einem besseren Dasein zu suchen. Sie machten keine Anstalten mehr, die hiesigen Wurzeln und Ursprünge zu akzeptieren. Und vor allem sahen sie sich nicht mehr in einer Bringschuld, sondern erwarteten selbstverständlich unsererseits eine völlige Hingabe.
Denn da hatte sich ein Narrativ herumgesprochen, das Pluralisten und Globalisten von heute als Totschlagargument nutzen. Es ist die Vergangenheit unseres Volkes, mit der wir dazu genötigt werden, unsere Existenz bis in alle Ewigkeit in einer Büßerhaltung zu verbringen. So kommt mir noch ein Gespräch in den Sinn, als mir ein afrikanischer Asylsuchender gegenübersaß – und mich wieder und wieder an Kolonialismus und Nationalsozialismus erinnerte. Auch wenn die Kommunikation mit ihm schwierig war, so ließen sich seine Aussagen doch auf einen Nenner bringen: Weil einige unserer Vorfahren grausame Verbrechen zu verantworten haben, tragen wir als Deutsche pauschal eine kollektive Schuld in uns, die nicht nur dazu verpflichtet, im Geiste von Sankt Martin sein letztes Hemd zu opfern. Sondern sich nahezu bis zur Unkenntlichkeit zu kasteien, um eine fiktive Gemeinschaftshaftung wieder auszugleichen. Es war die wachsende Dreistigkeit, mit der die vermeintlichen Fachkräfte auftraten, als sie ungeniert zugaben, ihre Pässe unterwegs zerrissen zu haben – und illegal eingereist zu sein, die mich zu einer radikalen Umkehr im Denken bewegte. Ich stehe heute dazu, dass ich einen Fehler gemacht habe, mich zu lange in Gutgläubigkeit zu wähnen, sukzessive jenen Unterschlupf und Alimentierung zuteilwerden zu lassen, die bei objektiver Betrachtung keinen Anspruch darauf hatten.
Schlussendlich ging es ihnen allein um den Missbrauch unserer Strukturen, Kapazitäten und Ressourcen. Aber auch um eine Unterwanderung der kollektiven Identität unserer Gesellschaft, der nationalen Souveränität des Staates und der individuellen Unversehrtheit der Bürger, die von der Nächstenliebe und Toleranz wie eine Zitrone ausgepresst wurden. Und so tauschte ich noch weit vor Corona oder dem Ukraine-Krieg die Perspektive. Dass der Multikulturalismus gescheitert war, dämmerte mir schon deutlich vor dem Dekadenwechsel. Mir war in diesem Moment auch völlig egal, wie ich von meinen journalistischen Mitstreitern eingeschätzt wurde. Es war ein Befreiungsschlag, sich endlich zu Schwarz-Rot-Gold bekennen zu können – ohne Rücksicht auf Verluste. Zu dieser heimatliebenden Mentalität und der scharfen Kritik an der Zuwanderungspolitik der jetzigen und vormaligen Koalition aus Gründen der Erfahrung, die ich im Nachhinein dankenswerterweise machen musste, um aus Prinzip eine neue Sichtweise einzunehmen, kam die Verbitterung über die verkopfte Transformation der Ökosozialisten, die mit dem Erhalt der Schöpfung und Nachhaltigkeit genauso viel zu tun hat wie die Wärmepumpe mit dem CO2 in unserer Atmosphäre.
Und so sammelte sich darüber hinaus die Frustration über Genderismus, Queerismus und endloser Selbstbestimmung, aber auch der Ausverkauf von Meinungsfreiheit, Normativität und Ordnung an, die in diesen Tagen zur Sanktionierung der unbehelligten Rede auch außerhalb der Strafbarkeit führen kann, welche mir den Rest gaben, um mich heute als Privatmensch an der Wahlurne der AfD verbunden zu fühlen. Und als Presseschaffender in diametrale Opposition zu den Herrschenden zu stehen, die ich für einen einzigen Aspekt schätze. Sie haben mir vor nunmehr sieben Jahren die Augen geöffnet. Ich bin heute nicht aus Protest rechts der Mitte verortet, sondern aus tiefer Überzeugung. Und ich scheine mit mir im Reinen, weil ich nach meinem Verständnis noch frühzeitig vom Zug abgesprungen bin, der aktuell mehr denn je in Höchstgeschwindigkeit an die Wand zu fahren droht. Jetzt kann ich nur noch dabei mitwirken, durch Aufklärung, Information, Berichterstattung und Kommentierung die Notbremse zu ziehen. Ich glaube nicht, dass es zu spät ist – weil man nicht nur im Oktober die auf zehn nach zwölf stehende Uhr um eine Stunde zurückstellen kann. Aber die Türen zur Kehrtwende schließen sich.