Kommentar von Dennis Riehle
Irren ist menschlich – und ich mache gerade in diesen Tagen häufig davon Gebrauch. Denn auch wenn ich als Journalist in der Vergangenheit bereits viele Entwicklungen miterlebt habe, die mich einigermaßen kopfschüttelnd zurück ließen, so täusche ich mich noch immer in vielen Kollegen. Schließlich gab es für mich Vorbilder und Flaggschiffe, an denen sich die gesamte Branche orientierte, weil sie für Rückgrat, Courage und Objektivität standen. Und so war auch mein Eindruck von der „Neuen Zürcher Zeitung“ bis vor noch nicht allzu langer Zeit ein eigentlich positiver.
Immerhin lobte man sich dort völlig zu recht für eine sorgfältige, wahrhaftige und faire Information, Kommentierung und Wertung. Aber es ist in einer Dekade, in der vieles Gewohnte im Umbruch scheint, am Ende auch nicht mehr verwunderlich, wenn der Linksdrall der Medien selbst jene erfasst, denen man bisher einen überaus integren Leumund bescheinigen konnte. Und so bin ich nur bedingt überrascht angesichts eines Artikels der NZZ, welcher sich nach der gescheiterten Abschiebung von Martin Sellner aus der helvetischen Alpenrepublik mit der Frage befasst, wie es eigentlich um die neonazistische Szene in unserer nachbarschaftlichen Eidgenossenschaft bestellt ist. Schon allein Titel und Beitragsbild lassen erahnen, dass man nach der Lektüre um des Wissens über einen weiteren publizistischen Tiefschlag reicher sein wird.
„Rechte Posterboys und militante ‚Heil Hitler‘-Rocker: So tickt die rechtsextreme Szene in der Schweiz“ steht als Überschrift eines Textes, der daneben mit einer Grafik illustriert ist, auf der sich der Kopf der Identitären Bewegung einerseits und ein glatzköpfiger Vertreter mit Hakenkreuz andererseits gegenüberstehen. Bereits in den ersten Zeilen ist die Denkrichtung der zuständigen Redakteure unübersehbar. Ein Musterbeispiel für Differenzierung ist ihr Werk nicht geworden. Stattdessen trieft es vor dem pauschalen Bedienen von Vorurteilen und Ressentiments, ohne sich dabei gewahr zu werden, mit welcher Dreistigkeit man wesentliche Prinzipien und berufsethische Standards als vierte Gewalt verletzt, wenn man schamlos alles über einen Kamm schert, was mit dem heilen Weltbild einer bunten, vielfältigen und toleranten Zukunft unvereinbar scheint.
Da ist es am Ende egal, ob es sich bei den an den Pranger gestellten Charakteren um österreichische Aktivisten handelt, deren einziges Schwert ein Laptop und ein Buch sind, mit denen man auf Lesereise geht und das Konzept von Remigration präsentiert, welches in der Sache weder anrüchig noch verwerflich ist. Oder um die über den Rand abgedrifteten Leugner von schrecklichen Kapiteln unserer Geschichte. Es ranken sich viele Schlagzeilen, aber eben auch Mythen um den 35-jährigen Wiener, von dem man natürlich behaupten kann, dass er sich in der Öffentlichkeit möglicherweise anders gibt als unter seinesgleichen. Doch allein der Umstand, dass er sich bisweilen mit kurz geschorenen Heimatliebenden umgibt und in seiner Freizeit als Zuschauer manch einem Ringkampf beiwohnt, versetzt ihn sicherlich nicht in die Lage, eine Bedrohung oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darzustellen.
So hatte es beispielsweise auch das Verwaltungsgericht in Potsdam gesehen, als es in einer Eilentscheidung dem Antrag des studierten Philosophen stattgab, das von Nancy Faeser angestoßene Einreiseverbot in die Bundesrepublik als unrechtmäßig außer Kraft zu setzen. Und mit dem Dekret, welches die Kantonspolizei in Kreuzlingen am Bodensee zu der Befugnis brachte, ihn nach seinem Grenzübertritt vorläufig festzunehmen und wieder auszuweisen, könnte Ähnliches geschehen. Sellner wird sich nämlich auch gegen diese Repression wenden, die schon allein deshalb grotesk anmutet, weil man einem unbewaffneten Referenten, Influencer und Autoren die europäische Freizügigkeit nimmt, während vielleicht ein paar hundert Meter weiter der messerbewaffnete Islamist unbehelligt das Territorium betritt. Hier kann man nicht mehr davon sprechen, dass falsche Prioritäten gesetzt werden. Stattdessen will man mit inszenierten Bildern vom eigenen Versagen ablenken.
Und diesbezüglich nehmen sich die Ampel in Berlin und die Berner Regierung nicht viel. Über den gesamten Kontinent erkennen wir bis auf wenige Ausnahmen das eifrige Bemühen um Zensur, weil nicht ans Licht kommen soll, was dem rot-grünen Ideal des „Wir haben uns alle lieb“ brachial in die Kandare fährt. Es war schon immer so, dass diejenigen unter besonderem Beschuss standen, die Wahrheiten aufdecken und das Scheitern entlarven. Trotzdem ist es jedes Mal von beeindruckender Peinlichkeit, wenn sich Beamte in voller Montur einen strafrechtlich Unauffälligen unter dem Blitzlichtgewitter der willfährigen Presse und des lechzenden ÖRR vornehmen, statt nur einen Moment daran zu denken, dass ein EU-Bürger im Gegensatz zu Asyl- und Schutzsuchenden keinen Grund vorweisen muss, um den Schlagbaum zu umschiffen.
Was wären wir schon weiter, würde man mit dem gleichen Engagement die illegale Immigration bekämpfen, wie man Kapazitäten und Ressourcen für eine schauspielerische Glanzleistung bindet, die nichts mehr ist als Symbolpolitik – und die Bankrotterklärung eines jeden Staates, der Multikulturalismus frönt, aber Patriotismus schmäht. Daher wird in der Gesamtschau sowohl von der Berichterstattung diverser Zeitschriften wie auch dem Gebaren der Schweizer Behörden vor allem Eines übrig bleiben. Nämlich Aufmerksamkeit für einen Mann, der unermüdlich für den Erhalt des europäischen Volkes kämpft.
[…] Sellner verhaftet, Islamisten laufen gelassen: Eine peinliche Bankrotterklärung des europäischen Z… […]