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Grüne gefangen in Naivität und Ideologie: Eine Partei, die auch ohne Lang nicht mehr trendet!

Kommentar von Dennis Riehle

Der Zeitpunkt war überraschend, die Entscheidung an sich jedoch nicht. Nachdem die interne Kritik an Omid Nouripour und Ricarda Lang seit den Abstimmungen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg massiv zugenommen hatte, war damit gerechnet worden, dass ein anderes Duo in den Wahlkampf führen würde. Nachdem sich die reguläre Möglichkeit der Neubesetzung des Vorstandes beim Parteitag im November anbot, konnte man mit dem Rückzug der beiden Amtsinhaber noch vor dieser Versammlung der Delegierten rechnen. Normalerweise kündigt sich ein solches Ereignis im Berliner Dunstkreis an. Doch die Journalisten waren einigermaßen überrascht von der Meldung. Denn ein Raunen im Walde gab es nicht. Und so scheint der Entschluss für diesen Schritt letztlich kurzfristig gefallen zu sein. Möglicherweise hat auch das Krisentreffen von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner den Prozess beschleunigt. Schließlich kann man eine solche Nachricht des zweifelsohne gewichtigen Bebens bei den Grünen im Zweifel auch als moralisches Druckmittel für eine bessere Stellung in weiteren Verhandlungen der Ampel nutzen. Die internen Gespräche bei den Ökologisten liefen seit langem, hatten aber durch den weiteren Rauswurf aus einem Parlament an Dynamik gewonnen. Und damit sich eine wechselnde Spitze wiederum etablieren und bis zum nächsten Urnengang programmatisch und rhetorisch aufstellen konnte, bedurfte es des Freiräumens dieser wichtigen Positionen in möglichst großem Abstand zum September 2025.

Selbst wenn im Augenblick die Gefahr oder Chance für ein vorzeitiges Zerbrechen der Koalition so groß ist wie selten zuvor – und man sich in allen drei beteiligten Fraktionen bereits auf die Eventualität vorbereitet, möglicherweise doch schon im ersten Quartal des kommenden Jahres die Zusammensetzung des Bundestages zur Disposition zu stellen, wird aus der Perspektive der handelnden Protagonisten zunächst einmal noch immer vom Idealfall ausgegangen, dass man noch rund 12 Monate Zeit hat, ehe der Bürger sein Votum abgibt. Währenddessen könnte der Staffelstab beispielsweise an Franziska Brantner, Felix Banaszak oder Andreas Audretsch weitergegeben werden. Und damit würde der Linksrutsch in den eigenen Reihen ein weiteres Mal verschärft – auch wenn man sich dies bei gesundem Menschenverstand eigentlich gar nicht vorstellen kann. Denn Eines wurde bereits beim Pressestatement der ausscheidenden Frontleute deutlich: Oberste Priorität bleibt die Umwälzung der Republik in Richtung eines klimaneutralen Vorbildes für die Welt, auf das international aber nur noch mit einem müden Lächeln geblickt wird. Schließlich gibt es nicht allerorten so viele Fehlstunden im Physikunterricht wie bei den deutschen Grünen, für die bereits Lesen und Schreiben offenbar zu einer unnötigen Überqualifizierung für ihren Job gehören. Mittlerweile ist die Furcht vor der perspektivischen Wetterveränderung sowohl beim einfachen Bürger hierzulande, aber auch bei den Global Playern einigermaßen nachrangig geworden.

Wie es sich am Exempel von Robert Habeck zeigt, wird eine planökonomische Transformation auch im 21. Jahrhundert nicht funktionieren. Stattdessen zieht die am Reißbrett entworfene Energiewende die Wirtschaft in den Abgrund. Scharenweise entfliehen die Unternehmen der Regulierung und Bürokratie, vor allem aber auch den immer teurer werdenden Preisen für Strom. Wir haben uns selbst vom Musterschüler für den Export zu einem Ladenhüter gemacht, an dem auch deshalb kaum mehr Interesse besteht, weil sich die hergestellten Produkte und erbrachten Dienstleistungen bei uns mittlerweile vor allem durch das Prädikat „Made in Vielfalt“ statt „Made in Germany“ auszeichnen. Es fehlt an jeglicher Identität für den hiesigen Standort. Und dieser Umstand lässt sich bezeichnenderweise auch mit denjenigen Worten erklären, die beim Pressestatement von Lang und Nouripour gefallen sind. Deren Fürsprache, Engagement und Leidenschaft gilt nicht etwa der geliebten Heimat, sondern der großartigen Partei. Ideologie statt Patriotismus, Toleranz statt Ordnung, Narrative statt Vernunft: Die Präferenzen sind klar gesetzt. Und sie unterstreichen den Anspruch, auch weiterhin einem Mainstream anhängen zu wollen, dessen Fließgeschwindigkeit aber nicht erst seit letzter Woche zum Erliegen gekommen ist. Denn eine Gesellschaft, in der sich der Einzelne nicht mehr sicher fühlt, weil Kriminalität und Gewalt keine Einzelfälle mehr sind, sondern knallharte Wahrheit auf unseren Straßen am helllichten Tag, hat wahrlich andere Bedürfnisse als die Verwirklichung der lebensfeindlichen Utopie von „Zero CO2“.

Und weil die Grünen von ihrer überwiegend monothematischen Ausrichtung nicht ablassen möchten, sondern in der verkrampften Starrsinnigkeit eines bockigen Kindes auf die Richtigkeit ihrer Lösungsvorschläge für die Herausforderungen der Gegenwart setzen, besteht eine immense Abhängigkeit von der jeweiligen Stimmungslage in der Bevölkerung. Und da ist es der von Toleranzfetischisten gepredigte Multikulturalismus, der wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, um im Zweifel eine Lücke zu hinterlassen, die nur mit Einsicht und Verstand gefüllt werden kann. Doch daran mangelt es jenen, die auf Teufel komm raus an einer bunten Veränderung festhalten – und sich darauf freuen. Man kann versuchen, selbst verursachte Unwägbarkeiten durch den psychologischen Mechanismus der Verdrängung und Ablenkung wegzulächeln – und sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, dass die Öffentlichkeit über die innere Sicherheit, die nationale Integrität und die kollektive Unversehrtheit debattiert, statt über das Geschenk der Wärmepumpe und des Lastenrades zu triumphieren. Doch wer mit einem Hype einen Höhenflug in den Umfragen erlebt, der stürzt bei drehenden Winden genauso schnell wieder in die Tiefe. Daher wird auch ein personell frisch besetztes Karussell keine Trendumkehr in der massiv nachlassenden Unterstützung erwirken können, wenn die Bereitschaft dazu fehlt, die Segel neu zu setzen – und den patriotischen Luftzug einzufangen, der im Augenblick nicht nur bei den Jugendlichen trendet. Man kann ein Kurshalten als Rückgrat bezeichnen, aber eben auch als Naivität.