Kommentar von Dennis Riehle
Dass die bundesdeutsche Verfassung ein Existenzminimum sozioökonomischer Dimension für jeden Menschen hierzulande garantiert, das liegt nicht zuletzt an Art. 1 GG und Art. 20 GG, welche ein würdevolles Dasein in einem vom Prinzip der Solidarität getragenen Sozialstaat vorsehen. Allerdings ist der Bezug von Transferleistungen nicht bedingungslos. Stattdessen kann man vom Empfänger entsprechender Unterstützung einen eigenen Beitrag im Sinne des gesellschaftlichen Forderns abverlangen, aus der Situation der Bedürftigkeit möglichst rasch wieder in den Job zu finden. Denn es geht eben nicht nur darum, jemanden in einer temporär eingetretenen Notsituation wie der Arbeitslosigkeit zu fördern, sondern gleichsam von ihm Bemühung zu erwarten, in die Erwerbstätigkeit zurückzugelangen.
Besonders in den linken Kreisen war die frühere Grundsicherung „Hartz IV“ auch deshalb verpönt, weil der Gesetzgeber hierbei einen stärkeren Fokus auf dieses Beanspruchen von Mitwirkung gelegt hat. Dass wir mittlerweile Personenkreise verzeichnen, die über Jahrzehnte in diesem Status der Alimentierung durch das heutige Bürgergeld verharren, obwohl in diesem Land ein eklatanter Fachkräftemangel herrscht, ist einerseits einer ausbleibenden Motivation geschuldet, sich selbst darum zu kümmern, aus der Lethargie wieder in Beschäftigung zu kommen. Gleichsam macht es unser System einigermaßen einfach, es sich in der Abhängigkeit vom Steuerzahler gemütlich zu machen. Schließlich sind die entsprechenden Behörden mittlerweile kaum noch in der Lage, adäquate und ausführliche Prüfungen von Vermögen, Angewiesenheit und Berechtigung vorzunehmen, die am Ende auch tatsächlich und einwandfrei bestätigen könnten, alle entsprechenden Voraussetzungen für den Erhalt der „Stütze“ erfüllt zu haben.
Allein durch die immense Überforderung, welche angesichts der Eingliederung von sogenannten Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine ständig weiter gestiegen ist, bleibt für sorgfältige Kontrollen angesichts eines offenbar rasant zunehmenden Missbrauchs kaum noch Zeit. Und so werden verschiedene Bedarfe kumuliert, um am Ende für Familien eine hohe vierstellige Summe pro Monat zu kassieren, bei der ein Geringverdiener aus der Unterschicht nur mit den Ohren schlackern kann. Wer sich geschickt anstellt, der erhält einen Betrag an die Hand, der sofort in die mittleren Schichten der Einkommensverteilung katapultiert.
Da geht es also nicht mehr nur um die Bereitstellung des Nötigsten, sondern um eine durchaus ansehnliche, erquickliche und solide Ausstattung mit Ressourcen, um ein deutlich besseres wirtschaftliches Leben zu führen als derjenige, der beispielsweise täglich an der Supermarktkasse, im Reinigungsdienst oder bei den Entsorgungsbetrieben bis zu acht Stunden schuftet. Das von der Ampel eingeführte Konzept ist letztlich zu einer Gelegenheit geworden, die auch Diebe macht. Denn es sind nicht zuletzt Personen mit fremdländischen Wurzeln, die ihre erhaltene Liquidität in einer Direktleitung in die Heimat zurückführen – während der malochende Deutsche kurzerhand zum Tropf wird, an den der halbe Globus angeschlossen ist. Bisher erkennen wir wenig Bereitschaft, angekündigte Reformen auch umsetzen zu wollen. Die roten Roben in Karlsruhe hatten ausdrücklich erklärt, dass eine Sanktionierung um bis zu einhundert Prozent in gewissen Konstellationen legitim sei, falls eine konkret auf dem Tisch liegenden Arbeitsgelegenheit ohne triftigen Grund ausgeschlagen wird.
Gleichermaßen wurde die Möglichkeit eröffnet, insbesondere jenen Bezugsberechtigten die Unterstützung ausschließlich in Naturalien zu gewähren, die beispielsweise als Flüchtling bis heute keinen einzigen Cent an Abgaben bei uns entrichtet haben. Und da können im Augenblick noch so viele Studien aus dem Boden sprießen, in denen eingeebnete und beauftragte Wissenschaftler zu der Erkenntnis gelangen, dass die hiesige Wohlfahrt kein Pull-Faktor sei. Ob es nun in Schweden ist, wo man im Zweifel Bezüge komplett kürzt, oder auch in manchen Regionen bei uns, die vornehmlich auf die Bezahlkarte setzen: Wenn unter diesen Bedingungen scharenweise „Schutzsuchende“ wieder in ihre Gefilde umkehren, dann braucht es keine Erhebungen von Forschern und Experten, sondern es genügt allein der rationale Verstand, um selbstverständlich einen Konnex zwischen unserer Spendabilität und der ungebremsten Flutung Mitteleuropas mit Asylbewerbern herstellen zu können. Bereits die Bibel formulierte ein entsprechendes Vorrangigkeitsgebot, dass es mit der Nächstenliebe als vereinbar ansieht, den Blick zunächst auf den Ausgegrenzten der eigenen Gemeinschaft zu richten und ihn entsprechend zu versorgen. Erst danach sollte man sich denjenigen aus der Ferne zuwenden, die in einer nachweisbaren Not wie der Verfolgung aus ihrem Kulturkreis ausgebrochen sind.
Denn normalerweise ist es unserer Spezies immanent, selbst bei Gefahren allerhöchstens den umliegenden Nachbarn um Obdach anzusuchen. Wer sich aber über tausende Kilometer auf den Weg macht und eine bestimmte Destinationen vor Augen hat, der tut dies in aller Regel nicht aufgrund einer Bedrohung, sondern im Ansinnen eines besseren Daseins. Doch auf einem Planeten mit endlichen Kapazitäten lässt sich nicht jedes Schicksal auffangen. Die Utopie eines Paradieses auf Erden mag eine hehre und wünschenswerte Utopie sein. Doch Idealismus und Realpolitik lassen sich in der Regel nicht miteinander verquicken. Da braucht es gegebenenfalls auch ein strenges Durchgreifen, um Fairness und Gerechtigkeit wiederherzustellen. Denn durch die oftmals illegitime Inanspruchnahme unsere Strukturen durch unberechtigte Dritte geraten diejenigen ins Hintertreffen, die aus unserer autochthonen Mehrheit an den Rand gedrängt werden und auf Fürsorge angewiesen sind – oder aus der unmittelbaren Umgebung mit einer anerkannten Bleibeperspektive an der hiesigen Grenze um Aufnahme bitten.
Es ist dem einfachen Bürger und kleinen Mann schon längst nicht mehr vermittelbar, wie sehr wir uns vom unterschiedlichsten Klientel schröpfen lassen. Faulenzertum und Bequemlichkeit sind zu Tugenden geworden, die einen Schlag ins Gesicht derjenigen darstellen, die sich morgens aus dem Bett quälen, um etwa die Hälfte des von ihnen generierten Gehalts wiederum an den Staatssäckel abzuführen, damit sich aus ihm all jene Dekadenz bedienen kann, die in sozialistischer Manier davon ausgeht, dass die Moneten an den Bäumen wachsen – und die Druckmaschinen für neue Blüten unentwegt laufen. Gebieten wir nicht endlich einer Entwicklung Einhalt, die unsere Gutmütigkeit und Weltoffenheit auf ein Minimum der Verhältnismäßigkeit, der Sinnhaftigkeit sowie des Zumutbaren drückt, dann wird sich auch weiterhin eine explosive Gemengelage größtmöglicher Spannungen und Verwerfungen anhäufen, die nicht nur den Kitt unseres Miteinanders aufs Spiel setzt. Sondern abrupt zu einem Bersten der Belastbarkeitsgrenze führen könnte, die nicht nur Tür und Tor für Feindseligkeit eröffnet – sondern ein schon heute auf dem letzten Loch pfeifendes Gefüges endgültig auseinanderreißen lässt.