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„Nie wieder!“ war gestern – heute ist „noch einmal!“: Die Würde des AfD-Menschen ist antastbar!

Kommentar von Dennis Riehle

„Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ – Mit diesem unabänderlichen Verfassungsgrundsatz wird in Deutschland garantiert, dass der Einzelne in seiner Integrität geschützt bleibt. So ist zumindest die Theorie. Dass es sich bei diesem Gebot einerseits um ein Abwehrrecht vor einer möglichen Übergriffigkeit von Institutionen und Behörden handelt, es gleichzeitig aber auch als Rechtfertigungsgrundlage für das Individuum dient, das sich von anderen Stellen abseits der Obrigkeit ohne Anstand benachteiligt fühlt, sollte zumindest jedem klar sein, der nicht erst seit gestern in unserem Gefilde lebt – und daher mit der gängigsten Selbstverständlichkeit vertraut sein müsste. Und da hatte man nach den dunkelsten Kapiteln in unserer Historie doch eigentlich gedacht, dass eine Gesellschaft in verschiedene Wertigkeitsstufen schon allein deshalb nicht noch einmal in der Geschichte Wirklichkeit wird, weil die Abstufung von Dignität, Ehre und Rang nicht mit dem demokratischen Prinzip der Gleichrangigkeit aller immanenten Mitglieder unserer Gemeinschaft vereinbar sei. Doch dass uns der Wokismus, der Globalismus, der Multikulturalismus und der Pluralismus immer wieder neu mit Anschauungen überraschen, welche bei den eingeebneten Medien und dem politischen Kartell der Aktualität auch dann noch hofiert werden, wenn sie explizit und ausdrücklich dem Gedanken der Ebenbürtigkeit zuwiderlaufen, kann letztlich nur noch verwundern – aber nicht mehr beeindrucken. Denn es ist zur Tugend im retrosozialistischen Argumentieren geworden, nur jene Denkart als legitim zu erachten, die im Sinne von politischer Korrektheit, Angepasstheit und Aufgewecktheit in die vorgefertigte Schublade passt. Da bricht sich eine Doppelmoral bahn, die tatsächlich an düstere Augenblicke in der Vergangenheit erinnert, wenn in öffentlichen Hetzjagden diejenigen zum Freiwild erklärt werden, die sich beispielsweise für die AfD als Sympathisant, Unterstützer oder Funktionär engagieren.

Die Presse berichtet nur dann über Attacken auf Politiker, wenn die Opfer SPD oder Grünen zugeordnet werden können. Dagegen schweigen sie bei sämtlichen Anfeindungen und Tätlichkeiten, die sich gegen Vertreter aus dem kurzerhand zum rechtsextremistischen Spektrum deklarierten Lager von Konservativismus, Identität oder Heimatliebe richten. Es gibt ihn also wieder, unseren Nächsten zweiter Klasse, der aus Sicht der Verteidiger des Liberalismus und der Humanität damit leben muss, wenn er in der Fußgängerzone angepöbelt, am Informationsstand niedergeschlagen oder gleich das gesamte Haus in Brand gesetzt wird. Besonders im Vorfeld von Abstimmungen scheint es nahezu zu einem Volkssport geworden zu sein, noch einmal die Statistiken zu bestätigen, wonach es eben nicht der Mandatsträger der Linken ist, der sich am häufigsten verbaler und körperlicher Gewalt ausgesetzt sieht. So hat auch die Auskunft des Bundestages unmissverständlich klargemacht, dass die Zahlen diesbezüglich eine gänzlich andere Sprache sprechen. Abgesandte der Blauen gehören zu den in größter Unsicherheit lebenden Mitbürgern, weil sie überproportional von Delikten unterschiedlichster Brisanz betroffen sind. Mich erreichen mittlerweile fast täglich Meldungen von Angehörigen der AfD, die mir von unterschiedlichsten Formen der Gängelung, Tyrannei und Drangsal berichten. Da werden die Angehörigen von Abgeordneten terrorisiert. Ganze Biografien werden durch die Diffamierung und Anschwärzung beim Arbeitgeber zerstört. Und nicht selten gehen Drohungen von Widersachern ein, die dem Alternativen unverhohlen und eindeutig nach dem Leben trachten. Doch all dies wird von den anderen Parteien, von der schreibenden Zunft und von den Repräsentanten des Staates entweder verschwiegen, toleriert oder gar gerechtfertigt. Denn es hat sich eine Mentalität der Verrohung und Abstumpfung etabliert, die eine der edelsten Konventionen in der aufgeklärten Gegenwart zur Disposition stellt.

Denn obwohl es die roten Roben in Karlsruhe immer wieder unterstreichen, dass sich Gesinnung und Meinung in unserem System nicht verbieten lassen, geht der Feldzug gegen jene weiter, die nicht mehr nur aus Protest für einen Konkurrenten zum Establishment votieren. Es ist immer häufiger ein überzeugter, gezielter und entschlossener Schritt, sich der kritischen Opposition schon allein deshalb anzuschließen, weil niemand der Alteingesessenen dazu fähig scheint, eine radikale Trendumkehr in diesem Land zu verwirklichen. Und es gehört nun einmal zu dem Normalsten und Gewöhnlichsten in unserer Herrschaftsordnung, dass man sich unbeeindruckt von äußeren Einflüssen aus den Wettbewerbern eben auch jenen frei wählen kann, der bis heute weder verboten, noch in einem konkludenten Nachweis des gesichert Extremistischen überführt wurde. Wer einem Nachbarn, Freund, Kollegen oder Familienmitglied allein deshalb die Makellosigkeit, Unbescholtenheit und Redlichkeit abspricht, weil er seinem Anspruch auf ein unbehelligtes Votum an der Urne nachgeht, der gibt sich in Sachen Normen, Sitte und Kultiviertheit genauso wie im Umgang unter seinesgleichen auf die verwerflichste Stufe. Da proklamieren die „Nazis töten!“-Demonstranten lautstark „Nie wieder“ – und legen gleichzeitig eine Rangfolge über die Achtbarkeit des Gegenübers fest. Es geht also um ein Schwarz und Weiß, ein Gut und Böse, ein Richtig und Falsch. Eine Gruppe wird geteilt – und ein Mensch im Zweifel seiner Unverletzlichkeit beraubt. Man hatte gehofft, dass auch in unserer Spezies ein Lerneffekt einsetzt, welcher nicht zuletzt aus den Erfahrungen des Damals unmissverständlich in unser Bewusstsein eingebrannt ist. Die untangierbare und geschlossene Wesenseinheit jeder Person galt über viele Jahrzehnte als gesichert. Heute steht sie wiederum in Frage. Schonungslosigkeit, Unbarmherzigkeit und Gnadenlosigkeit sind die neuen Güter einer Ideologie, die das Unbekannte auf Händen trägt – und das Eigene mit Füßen tritt.