Kommentar von Dennis Riehle
Wenn in Deutschland eine Million Menschen auf die Straße gehen und 81 Millionen zu Hause bleiben, dann ist für die Systempresse klar: Die Mehrheit der Bevölkerung steht hinter den Demonstrationen für die Demokratie. Dieses Narrativ wird mittlerweile wiederkehrend auf allen Kanälen ausgegeben – um bei den Naiven unter uns den Anschein aufrechtzuerhalten, dass eine breite Zustimmung für den Kampf gegen rechts existiere. Doch dass es den Teilnehmern der Proteste nicht nur um Zensur, Entrechtung und Denunziation von bürgerlich-konservativen Nachbarn, Kollegen oder Freunden geht, sondern sich ein Sammelbecken an ideologisch verirrten Persönlichkeiten zusammengefunden hat, welche sich für den verpflichtenden Tampon auf jedem Gäste-WC, die Abtreibung bis zum Tag der Geburt, für die Ukraine, Israel und Atombomben einsetzen, lässt durchaus den Schluss zu, dass es in der Hoffnung auf das letzte Fünkchen Verstand in unserem Land kein repräsentatives, sondern ein grünes Bild ist, welches sich beim Anblick der blökenden Herdentiere am Brandenburger Tor offenbart. Eine sich von der immer deutlicher als weitgehende Lüge herausstellenden Berichterstattung über das Geheimtreffen am Wannsee begeistert zeigende Heterogenität verschafft ihrer grundsätzlichen Ablehnung des Bewährten im Allgemeinen und des Deutschen im Speziellen Luft, weil man auf Teufel komm raus einen Progressivismus und Globalismus forcieren will, der alles hinter sich lässt, was an Funktionalität und Identität unseres Landes erinnern könnte. Die Verachtung der Herkunft im linkssozialistischen Lager ist mir bereits in meiner Vergangenheit als Parteimitglied begegnet. Man hegte mehr oder weniger deutlich und bekennend die Abneigung jeglicher kulturellen Prägung und sittlichen Normativität in sich – und schien letztlich nur darauf zu warten, dass sich eine Möglichkeit ergibt, diesem Hass endlich Raum zu geben.
Und als es 2021 endlich wieder gelang, an die Macht zu kommen, verdichteten sich rasch die Hinweise, dass man zu einer oligarchischen und autoritären Rebellion ansetzen wollte, welche die Bundesrepublik nicht nur an die Wand fährt, sondern vor allem jegliches Profil, Geschichte und Stolz für das auslöscht, was abseits der Diktaturen von den Menschen an Wiederaufbau, Werten und Wohlstand geschaffen wurde. Ein immenses Maß an Desorientierung, Sinnleere und Enttäuschung über die persönliche Lebensbiografie haben sodann ermutigt, dem daraus resultierenden Minderwertigkeitskomplex die Empfindung von Gemeinschaft unter seinesgleichen entgegenzusetzen. Und da war es am Ende auch ziemlich egal, welche einzelne Vorstellungen man von der Überwindung einer einst wirtschaftlich erfolgreichen und in der Welt durchaus anerkannten Republik hatte. Es genügte vollkommen, sich im gemeinsamen Insuffizienzgefühl zu begegnen – und sich im Geschrei der pöbelnden Menge des Postulats von „Nazis töten!“ mehr oder weniger überzeugt wiederzufinden. Denn man nahm sich in der Identifizierung eines gemeinsamen Gegners allzu stark und mächtig – und kam in diesem künstlich aufgeblasenen Selbstbewusstsein erwartungsgemäß ähnlich schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück wie die Investigativjournalisten von „Correctiv“. Denn es bleibt eine Minorität an Menschen, die in einer derartigen Blauäugigkeit zu Marionetten und Handlanger der herrschenden Klasse werden. Ihr Fundament der Erzählung des Bösen mit explizitem Augenmerk auf die AfD ist auf Sand gebaut, weil die Behauptung über den Erfolg der Graswurzelbewegung unter Verweis auf zurückgehende Umfragewerte für die Partei keinesfalls bewiesen ist. Stattdessen haben sich über die Zeit hinweg neue Mitbewerber auf dem politischen Tableau installiert, welche zu einer gewissen Relativierung der Zustimmung für die Alternative geführt haben.
Wenn ich mich aber bei mir selbst und in meinem persönlichen Umfeld umhöre, dann sind es mittlerweile sogar über Jahrzehnte in SPD, FDP oder CDU verhaftete Stammwähler, welche sich bei der nächsten Abstimmung nicht mehr vorstellen können, bei den Etablierten ihr Kreuz zu setzen. Gleichzeitig vernimmt man einen gewissen Trotz und ein „Jetzt erst recht!“. Und so könnte das gesamte Engagement für eine Kanalisierung, Vereinheitlichung und Monopolisierung von Informationen, Medien, Behörden und staatlicher Institutionen nicht nur nach hinten losgehen – sondern den physikalischen Grundsatz von Actio und Reactio in Gang setzen. Denn es liegt ein Stück weit in der Natur des Menschen, sich im Zweifel auf die Seite der Unterdrückten, Drangsalierten und Ausgegrenzten zu stellen – und Solidarität mit denen zu erklären, die aus subjektiver Wahrnehmung und bei nüchterner Außenbetrachtung völlig unbegründet und ungerecht etikettiert, abgestempelt und gebrandmarkt werden. Je länger und je intensiver auf jemanden eingedroschen wird, umso stärker wird die Loyalität mit ihm. Nicht nur das Konzept der Brandmauer scheint gescheitert. Auch das Ziel der Bundesinnenministerin nach mehr Zensur von Meinung und Gesinnung oder zur diffamierenden Gefährderansprache von heimatverbundenen Jugendlichen könnte rasch zu einem Rohrkrepierer werden. Denn wenngleich es bis heute noch an einer gewissen Aufmüpfigkeit derjenigen fehlt, die die Anfänge des Totalitarismus durchschaut haben – und prinzipiell zur Verteidigung der Freiheit, von Rechtsstaatlichkeit und Volksherrschaft bereit sind, könnte bereits der Urnengang über die künftige Zusammensetzung des EU-Parlaments im Juni ein überraschtes Erwachen für diejenigen mit sich bringen, die in vorauseilendem Gehorsam die Wirkungskraft ihrer eigenen Hetzkampagne überschätzt und das Miteinander der Segregierten unterschätzt haben.