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Ich bin nicht Journalist geworden, um der Regierung nach dem Mund zu reden!

Kommentar von Dennis Riehle

Von welch beruflichen Zielen träumt man nicht als Kind, das in der Entwicklung seiner Gedanken und Visionen noch völlig unbehelligt ist von der harten Wahrheit möglicher Zeugnisnoten und den notwendigen Voraussetzungen für eine Qualifikation und Karriere als Pilot, Lokführer oder Arzt nichts weiß. Für mich stand schon früh fest, dass ich Theologie studieren möchte. Und meine Wunschvorstellung war es, später einmal als Pfarrer meinen Glauben von der Kanzel herab zu verkündigen. Doch dann kamen die Homosexualität und manch eine psychische Erkrankung dazwischen, welche die Kirche dazu veranlasste, mir eher ein anderes Feld zu empfehlen, auf dem ich wirken kann. Und weil ich stets jemand war, der sich für alle Eventualitäten mit einem Plan B ausrüstete, war die Verwundung angesichts der Zurückweisung durch die protestantische Institution nur von kurzer Dauer. Schnell kramte ich den Kommentar meines Deutschlehrers hervor, der mir angesichts einer Klassenarbeit in der Mittelstufe attestiert hatte: „Dennis hat sich redlich um einen soliden Aufsatz bemüht. Bei Wortschatz und Kreativität ist aber noch viel Luft nach oben“. Er war für mich Ansporn, mich genau in dieser Disziplin zu verwirklichen. Immerhin hatte ich schnell Gefallen an unserer Sprache gefunden, mit der man rhetorisch und stilistisch einwandfrei spielen und gleichzeitig seine politische, weltanschauliche und ideologische Gesinnung zum Ausdruck bringen kann. Mir schien damals schon klar, dass der Sektor des Journalismus von einer erheblichen Linkslastigkeit geprägt ist. Bereits in der Ausbildung wurde deutlich, dass die Branche über Gebühr ein Wohlgefallen mit Blick auf die Mächtigen in sich hegt. Zwar wurde uns mit auf den Weg gegeben, sich stets an den Ethos von Sorgfalt, Wahrhaftigkeit und Objektivität zu erinnern.

In der Realität war es aber zu meinen aktiven Zeiten bereits Konsens, dass man sich im Zweifel eher an der Opposition abarbeitet, als zu kritische Worte gegenüber der Regierung zu finden. Mich befremdete rasch diese Mentalität des Investigativismus, als Handlanger des Establishments auf die Suche nach Affären und Skandalen zu gehen, die vom Versagen und Scheitern der Verantwortlichen an der Spitze des Staates ablenken sollten. Mein ureigenes Verständnis von Publizistik ist es seit jeher gewesen, denjenigen Raum zur Artikulation zu geben, die vom Rest der Zunft ausgegrenzt, diffamiert und gebrandmarkt werden. Als Teil der vierten Gewalt verstehe ich mich als prinzipieller Skeptiker und Zweifler an den vorherrschenden Zuständen und ihren Verursachern. Und auch wenn ich weiß, dass für viele Kollegen eine monetäre Abhängigkeit besteht, die sie im Zweifel auch das in den Computer tippen lässt, was ihren Überzeugungen diametral widerspricht, bleibt mein Mitgefühl für die miserable Reputation der Leitmedien einigermaßen begrenzt. Denn ich hätte mir zu keinem Augenblick vorstellen können, dass ich im Ansehen einmal auf die Stufe von Drogendealern oder Kriminellen gestellt werde – wie das in diesen Tagen manche Nutzer in den Sozialen Medien tun, die mit ihrer Herabwürdigung unseres Standes zwar jegliches Maß und Mitte verloren haben, deren Enttäuschung und Frustration über das Agieren der Presse allerdings nur allzu nachvollziehbar ist. Wer sein Mikrofon lieber dem zufällig vorbeikommenden Passanten in der Fußgängerzone entgegenhält, statt zwischendurch auch dem Funktionär und Mandatsträger der von vielen Kolumnisten verhassten AfD das Wort zu erteilen, der muss sich nicht darüber wundern, dass Klischees und Ressentiments aus dem Boden sprießen, die zu einer Pauschalisierung aller Kommentatoren und Berichterstatter geeignet sind.

Die mehr oder weniger gewillte Falschdarstellung von Umfrageergebnissen, das Verschweigen der Messerkriminalität, die Abwendung vom generischen Maskulinum, die dreiste Auswahl desinformierender Symbolbilder, die immer gleiche Gästeliste in den Talkshows, willfährige Interviews mit Vertretern der Obrigkeit, Klimawandel tagein und tagaus, Reportagen über das böse Rechte und Huldigungen des hehren Antifaschismus, die willkürliche Themenauswahl auf Geheiß manch eines Grünen-Abgeordneten, Ehre und Lob für die Ampel, Dauerpräsenz von Saskia Esken und Kevin Kühnert, Faktenchecker ohne gecheckte Fakten oder eine Tagesschau für die ganz Dummen: All dieses Gebaren läuft dem Ethos zuwider, den Zuschauer und Leser nicht bevormunden, erziehen oder manipulieren zu wollen. Es ist bis vor einer Dekade eigentlich unstrittig gewesen, dass wir mit unseren Möglichkeiten der Einflussnahme lediglich zur Bewusstseinsbildung des Souveräns beitragen. Und es war auch nie die Rede davon, ihn an die Hand zu nehmen und das Weltgeschehen vorgekaut und wohlgepampert zu servieren. Denn der Respekt vor dessen persönlicher und individueller Verarbeitung, Wertung und Beleuchtung dargebrachter Meldungen gebietet es, sich als Schreiberling mit einem abschließenden Urteil zurückzuhalten. Mit dieser Ansicht bin ich mittlerweile offenkundig ein Exot. Doch ich habe meine Leidenschaft nicht gewählt, um die Gunst des Berliner Elfenbeinturms auf mich zu ziehen. Ich muss jeden Morgen vor dem Spiegel mit mir im Reinen sein. Und dafür braucht es Authentizität. Selbst während der monetären Abhängigkeit habe ich meine Seele nicht verkauft, um Schwarz, Grün, Gelb oder Rot einen Gefallen zu tun. Wer in unserer Domäne nicht die Kraft aufbringt, gegen den Strom zu schwimmen und als Fels in der Brandung auch inmitten der Stürme des Zeitgeistes als Orientierungspunkt standzuhalten, der möge sich vielleicht noch einmal erkundigen, ob nicht am Hofe von Habeck noch eine Stelle als Marktschreier unbesetzt ist.